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Schlemmen in Coburg - das "Indian Curry Haus"

Unterwegs mit den Klassenkameradinnen an einem Freitagabend. Wir haben reserviert, und zwar schon auf 18 Uhr. Was sich als goldrichtig herausgestellt hat.

Denn
a) es gibt keine Parkplätze am Haus
b) die wenigen in der Umgebung muss man den vielen Innenstadtanwohnerns strittig machen
c) gibt es wenige Sitzplätze und viel Andrang.

Wir betreten sodann gegen 18 Uhr den Curry-Tempel und sind erstaunt ob der fast komplett belegten Gaststube. Diese ist nach dem Tod der deutschen Wirtin vorher nur wenig umgebaut worden, ein paar Details sollen indische Atmosphäre aufkommen lassen. Filigrane Holzbasteleien, ein paar Tücher, warme Farben und ab und zu eine Gottheit. "Nix Halbs, nix Ganz´" sagt der Coburger. Aber erträglich.

Leider gilt das nicht für den Lärmpegel. Aufgrund der engen Situation ist jeder Zentimeter mit Sitzplätzen genutzt. Für lärmschluckende Raumteiler bleibt da leider kein Platz mehr übrig. Das Gegenüber zu verstehen gelingt nicht immer. Wer auf einen sich leerenden Gastraum hofft, der wird enttäuscht. Währen unserer Anwesenheit bis ca. 22 Uhr haben sich die Sitzplätze kaum abkühlen können, der Strom der Hungrigen reißt nicht ab.

Ein weiterer Punkt: Luft, wie sie in Indien wohl nicht anders ist. Sehr warm, sehr dicht. Getragen von Düften aus der Küche. Nicht unangenehm, wohlriechend, aber sehr warm.

Wir ordern Getränke, welche preislich in Coburg eher sportlich hoch angesiedelt sind. Was solls, wenn wir schon das Geld für eine Reise nach Indien aufbringen...

Der Gruß aus der Küche, begleitet von der Servicefrage, ob man schon hier vor Ort zum essen war. Nein, man war nicht, aber bei anderen Indern. Interessiert wenig, die Erklärung erfolgt wort- und gestenreich. Das Brot ist aus Linsenmehl hergestellt, in einem speziellen Ofen. Aha. Die Soßen reichen von Joghurt-Minze-mild (oden rechts auf dem Teller) über Tamarindensoße, welche über Stunden eingekocht wird und eher süß-sauer schmeckt (im Vordergrund) bis hin zur "Zur-Hölle-was-brennt-da-so?"- Soße (oben links).

Tamarinde mag ich nicht, was aber nicht am Lokal liegt, sondern am Geschmack dieser Gewächse. Süßseifig würde ich das beschreiben, von der Konsistenz her klebrig. Muss man selbst versuchen, mir fehlt hierzu ein europäischer Geschmack. Das Brot ist toll. Bisher war ich im Glauben, dieses hieße Naan, aber ich wurde aufgeklärt, dass es "Papadam" genannt würde. Wieder was gelernt. Meine bevorzugte Soße war an diesem Abend die scharfe. Die Soßen sollten uns noch den Abend retten.

Die Vorspeisen kamen.
Ich hatte mich für die "Indische Hühnersuppe" entschieden.
Die Nr. 1, Murgh Soup, zieht gerade einmal 2,50 € aus der Tasche der Besucher. Angemessen, als Appetizer recht nett. Das Hühnerfleisch ist von der Brust, offensichtlich gegarten und zerkleinertes Filet. Nicht schlecht, aber irgendwie nicht das, was ich erwartet hatte. Ich mag gerne Gewürze, ich mag gerne scharf. Hier war eine Hühnerbrühe in europäischer Standardversion mit indischen Gewürzen gepimpt worden. Essbar, aber leider kein Erlebnis.

Die Damen hatten
Die Nr. 9, Panir Pakoras. Hausgemachter Käse in gewürztem Kichererbsenmehl, frittiert. Zu 3,90 € eine gute Portion, dem Vernehmen nach wunderbar knusprig. Nur der Eisbergsalat als Unterlage machte ob der Hitze von oben nach kurzer Zeit einen schlappen und gar unappetitlichen Eindruck. Schöner wäre es, die Garnitur wäre am Rand und die Käseteile in auf dem Teller ohne Unterlage. Besser noch, man könnte auf den Eisbergsalat verzichten... Dazu später eine weitere Einlassung.

Die zweite Begleiterin hatte sich (leider haben wir die Bilder dazu vergessen zu erstellen), Naan bestellt. Ein fluffiges Brot, ebenfalls im Spezialofen gebacken. Die Nr. 51 zu 2,50 €, ein Hefeteig, wurde mit etwas Joghurt-Sauce serviert.

Zeit, die Hauptspeise anzugehen. Zwischenzeitlich hatten wir alle einen Leerstand an Getränken zu vermelden, welcher -zumindest dieses Mal- schnell beseitigt wurde.

Ein leider recht unscharfes Foto, von der Kollegin im Nachhinein bereitgestellt - und ohne die Chance, es nochmals zu schießen - zeigt deren Hauptspeise.
Die 37, Freid Reis. Steht da so, ich übernehme das. Gebratener Reis mit Gemüse und Ei. Stopp! Original indischer Basmatireis. So viel Zeit muss sein. 7,90 € kommen dafür im Gegenzug auf die Rechnung. Bisschen trocken war es, so kamen die Soßen vom Gruß aus der Küche zum Zug. Feine Sache, ansonsten würde das Gericht eine etwas "saftige" Erweiterung vertragen.

Die 48 war mein Hauptgericht. 13,90 € kostet "Beef Boothy", zarte Stücke vom Rind, zubereitet mit frischen Gewürzen, gegrillt in heißer Gußpfanne. OK, liebe Leute. Wenn Ihr da auch einmal beim "Inder" essen wollt - bestellt Euch den Eisbergsalat ab. Das Zeug ist ekelhaft, wenn es auf der Platte liegt. Liebe "Inder", das ist NICHT lecker. Gebt etwas Brokkoli oder Kohl oder sonstwas auf die Platte, was auch Hitze verträgt. Die Karotten- und Gurkenscheiben waren prima, auch die Zitrone und die Karotte. DAS ist vollkommen ausreichend. Das Fleisch war eines der zartesten Rinder, die ich je unter mein Messer bekam. Weich, toll gewürzt, wunderbare Qualität. Dazu bekamen wir etwas Naan gereicht, was allerdings nur mit den Resten des Amuse bouche zu bezwingen war. Tipp: Nächstes Mal einfach eine der Saucen dazu bestellen.

Die 50. Tandoori Mix (eine Zusammenstellung aus verschiedenen Tandoori-Spezialitäten mit Gemüse). Auch hier wurde das Thema "latschiger Salat" ohne mein Zutun angesprochen. Gleicher Tenor: Weg damit. Das Fleisch war wider Erwarten sehr viel, haben doch indische Speisen -zumindest durch Erlebtes bei Coburgs indischen Gastronomen - den Ruf, eher wenig Fleisch, dafür mit viel Gemüse, Beilagen und Gewürzen daher zu kommen. In diesem Fall war es so viel, dass es am Tisch verteilt wurde. Lamm, Rind, Huhn, jeweils gut gewürzt, passend zum Fleisch gewählt, aber auch hier trotz saftigen Fleisch, wurde etwas Soße vermisst. Hätten wir uns nicht so sehr in den Mengen der Hauptspeisen-Varianten in der Karte verloren, hätten wir sicher die Möglichkeiten bemerkt, Beilagen dazu zu bestellen. Unter Anderem auch Soßenähnliches.


Die Damen haben sich zum Abschluss jeweils einen Mango-Lassi gegönnt, cremig, gut gegen die Schärfe und als Leckerei.


Die Nr. 59, Gulab Jamun (süße Milchbällchen), sollte meinen Abschluss bilden. 2,90 € sind wohl in Ordnung. Sicherlich waren die Teile so, wie sie sein sollten, für mich aber viel zu süß. Klar, unser Gaumen wird im Alltag nicht mit solch scharfen Gewürzen konfroniert, im Gegenzug haben wir auch nicht so heftig süße Teilchen auf dem Plan. Sehr, sehr süß, eine teigähnliche Konsistenz, vergleichbar mit Kügelchen vom Guglhupf, mit Zuckerwasser (und etwas Kardamom?) durchweicht, Kokosraspel obenauf. Ich war dann doch froh, wenigstens eine der Kügelchen an die Mitessenden delegieren zu können.

Fazit. Günstiger als erwartet, andere Speisen als gedacht, so gut wie empfohlen, so anders als der Alltag. Wir kommen wieder, dann aber mit mehr Wissen um die Speisen und die Dinge, die drumherum dazu bestellt werden sollten.

Kurz noch zum Personal. Scheinbar ist der Chef selbst im Lokal unterwegs, eine zweite Dame mit indischem Dialekt ist ebenfalls sehr um die Kunden bemüht. Freundlich, verbindlich, erklärend.

Kommentare

  1. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben auf Sri Lanke indisches essen bekommen. Also das, was die Tamilen zur Kultur beigetragen haben.

    Das war auch ziemlich deckungsgleich zu den Erfahrungen, die ich mit indischen Restaurant in England gemacht habe, als ich für einige Zeit dort gearbeitet habe.

    Mein Problem ist, dass die deutschen Inder einfach meilenweit von der Qualität ihrer britischen Kollegen entfernt sind und mir das persönlich schon oft einfach den Spaß an der Sache genommen hat.

    Ich habe lediglich in meiner Umgebung ein singalesisches Restaurant gefunden, welches tatsächlich authentische Küche gezaubert hat. Findet man selten, aber wenn, dann ist es wirklich ein Erlebnis.

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    1. Indien habe ich noch nicht bereist, aber die britischen Inder lassen die deutschen Pendants im Schatten stehen. Und das ist nicht auf ein plumpes "Scharf" bezogen. Die Präsentation und die Auswahl alleine der Gewürze. Wir haben nun ein zweites Lokal bekommen - demnächst dann.

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