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Schlemmen in Prichsenstadt - Der "Landgasthof Zur Krone"

Eine unserer Schlenderfahrten, die Navi auf "kürzester", anstatt auf "schnellster" Weg eingestellt und schon führt die Tour inmitten durch die fränkische Landschaft. Unser kleiner Urlaub fernab der Raserei auf den Autobahnen.

Heute als Ziel eingegeben: Prichsenstadt. Aufgabe: Kaufe Spargel und Kartoffeln auf dem Hof, mit dem du seit Jahren mehr als zufrieden bist.

Die Aufgabe schließt jedoch eine kleine Rast nicht aus, zumal der Hof am Sonntag immer bis 18.00 Uhr geöffnet hat. Doch dazu im nächsten Eintrag.
Spontane Liebe ist oft die schönere. So auch heute, als ich bei der Vorbeifahrt einen idyllischen Biergarten entdeckt habe. Kurze Drehung, Parkplatz direkt am Haus gefunden und ebenerdig den Garten geentert. Leider ist die Barrierefreiheit für die Toiletten und das Hausinnere nicht gegeben, hierzu müssen zwei bzw. drei Stufen überwunden werden.
Unter Linden und Platanen ist ein wunderschönes Fleckchen entstanden, an dem es sich auch im Sommer gut aushalten lässt. Allzuviele Plätze hat der Garten allerdings nicht, wir würden eine Reservierung empfehlen.

Die sehr freundliche und offenbar noch nicht so lange im Haus tätige Servicekraft hat uns freundlich empfangen, wir durften frei im Garten wählen, wo wir uns niederlassen wollen. Die Speisekarte selbst ist ganz nach meinem Geschmack. Gegliedert, sehr übersichtlich, von regionalen und saisonalen Zutaten bestimmt, nicht überladen und fernab dessen, was man sonst als übliche Speisen auf der Karte findet. Nicht, dass der Traditionsbewusste nicht fündig würde - das in jedem Fall. Aber auch eigene Interpretationen von Klassikern stehen auf der Karte. Geprägt von der Leichtigkeit des Seins. Und den Temperaturen im Sommer.

Wir entschieden uns für folgende Erzeugnisse:

1 Wasser Naturelle 0,5 Liter zu 2,50 € (5,00 €/Liter)
1 ColaMix 0,4 Liter zu 2,70 € (6,75 €/Liter)
1 Vitello tonnato zu 10,50 €
1 Spargiatelle Jakobsmuschel zu 17,00 €
1 Schäufele zu 11,80 €

Die Getränke waren wunderbar gekühlt, denn obwohl die Wolken am Himmel zogen, linste die Sonne immer öfter durch. Bis wir dann in der Sonne saßen und froh um jedes Grad niedrige Getränketemperatur waren. Bei der Anlieferung äußerten wir unsere Speisewünsche, darunter auch das Vitello, welches wir uns teilen wollten. Flugs bekamen wir jeder ein weiteres Besteck, was leider auch nicht mehr selbstverständlich ist heutzutage.

Erster Akt aus der Küche: ein Amuse. Je Person drei Stückchen verschiedenes Brot, einmal Baguette, ein hell gebackenes mit Kernen und ein dunkles Vollkornbrot. Dazu ein Fett mit Grieben. Nicht diese derbe Qualität, die es aus der Industrie gibt. Ein feines Fett, mit sehr dezenter Würzung, jedoch nicht so dezent, dass es - wie leider so oft - eine Nachwürzung gebraucht hat. Auch hätten wir nicht die Gelegenhat dazu gehabt, denn die Tische kommen ohne Menage aus. Welche wir über den gesamten Besuch hinweg auch nicht vermisst haben. Danke, dass in Franken die Köche genug Traute haben, Gewürze auch einzusetzen.

Im Nachgang durften wir dann einen kleinen Becher davon käuflich erwerben. Auf Nachfrage erhielten wir die Auskunft, dass sich in der Familie der Wirte ein Mensch befindet, der diesen Brotaufstrich selber herstellt. Franken, das Land der kurzen Wege und langen Genüsse.

Das Vitello tonnato hat mich auf den ersten Augenblick entsetzt! WAS ist denn das?
Vitello tonnato ist flach, mit dicklicher Soße zugedeckt und unveränderbar. Naja, wir sind in Franken, der Chef hat in die Hochgastronomie geschnuppert - da ist das eben hinzunehmen. Und ich nahm gerne hin. Denn das Vitello stand in einer wunderbaren Auslegung vor mir. Das Roastbeef zwar toll, angesichts der weiteren Zutaten hätte ich es nicht einmal vermisst, wäre es nicht auf dem Teller gewesen. Nicht, weil es nicht dazu passte, nein, es gab so viele klare Aromen zu entdecken, dass es einfach nicht aufgefallen wäre. Die Soße leicht und frisch, manchmal an die Frankfurter Grüne Soße erinnernd, die Spargelspitzen toll mariniert. Ein kleines mediterranes Gemüse dazu (Champignon, gegrillter Paprika, geröstete Zucchini). Moment, der Tonno. Auch an diesen wurde gedacht. Gebratener Thunfisch. In Würfelform. Tolle Idee, werde ich für die nächste Einladung so adaptieren. Unter uns: Hätte diese Speise in dieser Beschreibung so auf der Karte gestanden, ich hätte mich mit Grausen abgewendet. Manchmal, da muss man eben zu seinem Glück gezwungen werden. Der erste Gang verhieß also Großes.


Spargiatelle
& Jakobsmuschel

Tagliatelle mit Spargelspitzen Limettenöl, Rucola &Parmesa
Meine Begleiterin ist ein Mensch, der die Karte von rechts nach links liest. Mir ist das nicht zueigen, weshalb ich des Öfteren dazu aufrufen muss, den Magen, nicht den Kopf sprechen zu lassen. So wurde es diese sommerleichte Kreation, welche nicht nur ihr gemundet hat; auch mein Gaumen war begeistert. Die Frische der Limette, das Nussige des Rucola, Parmesan in Späne und als guter, schwerer Kontrast, dazu die perfekt gegarten Tagliatelle mit Spargelspitzen. Diese waren ebenso wie beim Vitello passend mariniert. Ein extra Dank an die Küche dafür, dass die Cocktailtomaten nicht kaputt gegart wurden, sondern nur kurz mit erwärmt wurden. Die Muscheln selbst - eine Premiere für meine Begleiterin, fanden auf Anhieb einen begeisterten Abnehmer. Ich denke, hier wurden noch nicht die Letzten verspeist.  

Schäufele mit Salat und Klöße
Der Klassiker in klassischer Form. Franken, wie es leibt und lebt. Gleich vorweg gemeckert: Die Haut (Kracherle/Schweinebonbons) war nicht rösch. Was mir aber herzlich egal war, denn ich schneide diese aus gesundheitlichen Gründen immer weg. Von daher war alles im grünen Bereich. Das restliche Fleisch war butterzart, teils mit schöner Kruste, perfekt gewürzt und komplett auf den Punkt abgeschmeckt. Die Menge? Viel. Fast zu viel, obwohl ich in der Regel ein guter Esser bin. Geschmacklich zahlt sich die Beschaffung in der näheren Umgebung aus, denn hier schmeckt das Fleisch nach Fleisch und nicht so blass, wie es oft in Gastronomieen ist, die ihr Fleisch einfach aus dem Großmarktregal beziehen. Dankeschön, dass hier ein Stück Heimat und fränkische Tradition mit Liebe zum Detail hochgehalten wird.

Ein Schäufele kommt niemals allein. Mal mit Wirsing, mal mit Kraut, mal mit Salat. Was mir in der Regel egal ist, denn alle Varianten passen gut. Hier hätte ich jedoch gerne Kraut oder Wirsing gehabt - denn der Salat war zwar sehr frisch. Aber leider mit der von mir seit der Kindheit verhassten Zucker-Essig-Mischung zubereitet. Da kann der Koch nichts für, handwerklich war dieser Salat auch ohne Tadel, leider trifft dieses Dressing nicht meinen Geschmack. Mein Fast-Schwager dagegen, der wäre begeistert gewesen. Na, irgendwas ist ja immer. Und nachdem der Rest reichlich war, war mir auch der Salat recht egal. Was mich zu den Klößen bringt. Ich liebe(!) die feste Ausgabe von Kartoffelklößen. Selbst geborener Coburger, kann ich mit den "Coburger Rutschern" absolut nichts anfangen. Diese jedoch sind toll. Ein Kloß steht und fällt mit den verwendeten Kartoffeln. Die blassen Dinger von der Küste, im Sand gezogen - Horror. Eine Kartoffel braucht Erde, je dunkler diese ist, umso geschmackvoller die Knolle, also auch der Kloß. Und seitdem ich Kind war, freue ich mich über "Bröckele" im Kloß. Hier freute ich mich auch. Und diese Freude ebbte auch nicht ab, als ich wieder und wieder und wieder aus der Sauciere den wunderbaren Sud nachhahm, welcher mit Kloß und Fleisch eine Liaison bildete, die man nicht trennen will. Übrigens durchzog ein feiner Geschmack von Kümmel die Soße. Traumhaft.

Nachdem kein Dessert mehr hinein passte, war die nächste angenehme Überraschung die Rechnung. Für das Dargebotene ein mehr als fairer Preis. Wir haben für uns folgendes Fazit gezogen:

Hin! Und zwar so oft es geht. Wir sind mehrmals im Jahr auf der Strecke um Spargel oder Wein zu holen, manchmal auch nur, um die Seele ein wenig baumeln zu lassen in der Landschaft um diese Stätte. Und seit dieser Lokalentdeckung haben wir ein festes Ziel mehr. Aber - Reservierung nicht vergessen!

Kommentare

  1. Da bekommt man vom lesen und gucken richtig Appetit !

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    1. Ja, und das Drumherum passt auch prima. Schöne Gegend, meine Urlaubsempfehlung, wenn Genüsse nicht unwichtig sind.

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