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Druckschinkenkocher. Oder: Es ist mal wieder an der Zeit, was Neues zu wagen...

Druckschinkenkocher. Klingt erst einmal ein wenig archaisch, bedeutet aber in der Realität nichts anderes, als eine Art Spaghettitopf mit Deckel. Und einem Innenleben. Das ist dann auch das, was den Unterschied ausmacht.

Jahre schon trage ich  mich mit dem Gedanken, einen solchen Topf zu kaufen. Alleine der Preis für einen Versuch hat mich bisher abgeschreckt. Kostet doch das Original, also die "Schinkenfee", in der Regel über 70 €.

Dagegen ist der Nachbau, der "Druckschinkenkocher" mit unter 20 € (habe ich bei Amazon bestellt, Art.-Nr.: http://amzn.to/2lEWc9R ) ein weniger hohes Wagnis. Und wenn er seinen Sinn erfüllt - noch besser.

Bestellt, geliefert, ausgepackt. Der erste Eindruck: wider Erwarten doch recht stabil, komplett aus Edelstahl, scheint praktikabel. Einzig die recht scharfen Kanten am Deckel habe ich etwas mit Schleifpapier nachgearbeitet. Sicher ist sicher, und gerade dann, wenn mit fettigen/öligen Materialien gearbeitet wird, dann rutsch man doch recht schnell ab. Gefahr gebannt.

So. Der Kocher ist da, was damit tun? Im Vorfeld habe ich mich schon informiert, was mit dem Gerät alles anzustellen geht. Neben Schinken lässt sich auch Wurst damit herstellen, Pasteten sind eine weitere Ausbaustufe. Die Zeit wird es zeigen.

Vorerst begnüge ich mich mit Kochschinken. Im Großmarkt zwei schöne, passende Teile herausgesucht, einmal sehr mager, einmal gut durchwachsen.
Das magere von den beiden Stücken


Vorher ging es noch in die Apotheke. Einwegspritzen kaufen. Für recht flüssige Laken ist das gut, aber ich werde mir eine "Pökelspritze" zulegen. Der Vorteil ist, dass diese a) nicht so leicht verstopfen können, und b) in der Regel an der Spitze zwei Löcher haben. Weiterhin: 10 ml in der Apothekenspritze, 50 ml (oder mehr) in der Profivariante. Ach ja - Apotheker haben wenig Humor, wenn es um die Arbeit geht. Sagt nie, nie nie: "Ach, der Sau ist´s egal, was ich ihr Spritze, ist ja eh Wurst, was aus ihr wird..."

Zurück zum Thema. Die Lake will angesetzt werden. Tipp: nicht auf Bedarf arbeiten, legt Euch einen kleinen Vorrat an. In die Mischung kamen:

500 g NPS (Nitritpökelsalz)
90g Zucker
50 Pfefferkörner (schwarz, ideal ist Tellycherry)
10 g Kümmel
10 g Koriandersamen
15 g Knoblauchpulver


50 Wacholderbeeren
10 g Zwiebelpulver
5 Loorbeerblätter

Ausgerechnet ist diese Menge für ca. 5 Liter Lake. Einfach zu merken ist, dass je Kilogramm Fleisch ca. 200 - 220 ml (also ca. 0,2 Liter) benötigt werden.

Salz, Zucker, Zwiebel- und Knoblauchpulver werden abgewogen, in eine kleine Schüssel gegeben.
Dann Kümmel, Koriandersamen, Wacholderbeeren und Loorbeerblätter im Mörser grob zerstoßen.
Zum Schüsselinhalt dazugeben, gut durchmengen - Fertig. Ich habe für mich jedoch entschieden, Knoblauch- und Zwiebelpulver wegzulassen, diese nach Gusto immer frisch der Lake beim aufkochen zuzugeben. 

Da wäre also die Feuchtpökelung. Es geht natürlich auch trocken, das wird aber ein weiterer Versuch. Auch die Feuchtpökelung (also in Lake), habe ich für mich in zwei Teile aufgespalten. Einmal wird der Schinken geimpft. Ein weiteres Mal in der Lake vakuumiert, auch das wird ein extra Bericht werden.

Die Schinken haben je ca. 900 g, ich koche also für gut 2 Kilogramm Schinkenmasse 500 ml Lake. Lieber zu viel, als zu wenig. Wichtig: Die Lake muss abkühlen, bevor sie verwendet wird! Gut die Hälfte davon ziehe ich auf die Spritze und "impfe" so den Schinken, danach kommt er in einen Vakuumbeutel. Das ist die schnellere Version. Der zweite Schinken wird zusammen mit der ihm zugedachten Menge (der zweiten Hälfte) an Lake in einen zweiten Vakuumbeutel gegeben. Während der geimpfte nur drei Tage im Beutel und im Kühlschrank gelagert "durchziehen" muss, bekommt der eingelegte eine ganze Woche an Zeit. Hier wird darauf gesetzt, dass die Lake von außen langsam in den Schinken tritt (diffundiert). Dies ist gleichmäßiger im Geschmack, dauert aber eben.
Drei Tage hat er so im Kühlschrank geruht, wurde täglich massiert.

Dann war es an der Zeit, den Schinkenkocher zu richten.

Ausgepackt, die Standardversion

Das Innenleben, das Thermometer ist aber zusätzlich erworben. Es passen alle handelsüblichen.
Der Innenraum, mit einem Streifen Backschlauch
Warum den zum Streifen zerschnittenen Backschlauch einlegen? Das Original, also die "Schinkenfee" (http://amzn.to/2lLcyON) hat eine Hebevorrichtung. Dies ist bei der einfachen Version (also dem Nachbau) nicht gegeben. Der Bratschlauch kommt vor der Füllung hinein und erlaubt so, diese einfacher herauszunehmen.

Der Schinken. Nach dem vakuumieren abgetupft.
Als Neuling habe ich den Fehler gemacht, das doch recht hohe Stück Fleisch etwas zu kürzen und den Abschnitt daneben zu legen. Für die Garung macht es keinen Unterschied, allerdings ist der Schinken später schlechter zu schneiden - das Teil hat in meinem Fall keine feste Bindung an das große Stück erhalten.

Der innere Verschluss. 


Den Deckel aufsetzen, eine viertel Drehung und der Topf ist fest verschlossen und der Inhalt wird gepresst. Das Thermometer einfach von oben einstecken, ideal ist es, wenn es bis zur Mitte der Füllung kommt. 80° für drei Stunden werden angestrebt.

Metall-Topfuntersetzer
In den Edelstahltopf habe ich einen Metall-Topfuntersetzer gelegt. Der Grund ist der, dass ich den Topf nicht in direkten Kontakt mit dem Boden kommen lassen will, also auch unter dem Wursttopf immer Wasser fließen kann, der Inhalt so nicht anbrennt.

Auf der Induktion habe ich 80°, Stufe 1, 180 Minuten programmiert.

Verschlossen im Wasserbad
Backofenthermometer, zusätzlich

Um auch die Wassertemperatur unter Kontrolle zu haben, hängt ein weiteres Thermometer in dem Topf. Wichtig: die Spitze des Thermometers sollte nicht bis auf den Boden reichen, etwa in der Mitte ist es am günstigsten, die Temperatur festzustellen.

Ziel erreicht, die Temperatur hat sich dann bei 85° eingependelt.

Auf gutem Wege

Das Ergebnis. Vom Geschmack her nicht von Kaufware zu unterscheiden. Allerdings war die verwendete Salzmenge zu wenig, ich habe dies jedoch schon in der oberen Rezeptliste berücksichtigt.

Nach drei Stunden auf dem Herd, weiteren Stunden der Abkühlung, war es dann soweit. Der Schinken kam aus der Form. Sehr leicht zu heben, keine Anhaftungen im Topf. Versuch Nr. 1 hat geklappt. Weil ich ihn aber nicht gleich verwenden konnte, habe ich ihn noch für zwei Tage im Kühlschrank aufgehoben.

Sollte sich der Eine oder Andere nun für das Nachmachen entschieden haben: nur zu, es ist wirklich kinderleicht und das Ergebnis hat auch die Probanden um mich herum überzeugt.
Der Anschnitt.

Demnächst dann der Versuch mit dem Schinken in der Lakepökelung und dem, der trocken eingepökelt wurde.


Kommentare

  1. Sehr geil... das sieht schmackhaft und gut aus.

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  2. Danke, werter Herr MiM, der erste Versuch war gelungen. Der zweite liegt bereits in der Küche. Mehr Zeit in der Lake....

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