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Something is rotten....

im Freistaat Coburg!

Früher, als die Zeiten besser, die Schweine fetter und die Stadtsäckel voller waren - da hatten wir einen prima Service seitens der Stadt. Geräumte Straßen bevor der Berufsverkehr anfing. Die Coburger waren glückliche Leute, ohne dass das überhaupt jemand bemerkt hatte. Und nicht zuletzt wurde vom Bürger auch für diesen Service bezahlt. Ach, was schreibe ich - wurde? Wird! Und das nicht zu knapp. Straßenreinigung steht in jedem Jahr wieder auf den Abrechnungen des CEB. Und dazu gehört ja auch ein klein wenig, die Straßen im Winter frei zu halten.

Vom kleinen Bürger wird also per Dekret (oder eben in der Stadtverordnung) erwartet, dass die Bürgersteige freizuhalten sind, natürlich ohne Salz. Pfeffer ist aber wohl erlaubt, üblicher sind Sand und Split. Ein Hurra auf die in den Schnee getretenen und somit wirkungslosen Splitteilchen. Naja, ist ja so. Wir haben das Glück(?) an einem recht steilen Berg zu wohnen, dürfen also Salz streuen. Was wir auch tun, für uns geht das Wohl der Menschen noch immer über die Überlegung, ob im nächsten Jahr ein Bäumelein etwas dumm aus der Wäsche guckt. Abgesehen davon, dass die Vegetation in unserem Garten wuchert wie verrückt (wäre schön, wenn das Salz das Wachstum einschränken würde, Hecke schneiden lassen ist teuer!), spart es auch das Weghacken von Eis. Wenn also unsere Nachbarn mit Hacke und Spaten den Weg freikratzen (und dabei das eine oder andere Stück Asphalt mit extrahieren sic!), habe ich Zeit für einen Tee oder Kaffee auf dem Balkon und anfeuernde Parolen für die hart arbeitenden Nachbarn.

War es bis vor wenigen Jahren so, dass man sich darauf verlassen konnte, dass die Straßen rechtzeitig frei waren, so ist es im letzten Jahr schon schlecht, in diesem Jahr mies um den Service bestellt. Der Grund scheint zu sein, dass unsere Straße abgewertet wurde. Jetzt ist es nicht so, dass wir in einer Nebenstraße oder gar Anliegerstraße wohnen. Nö. Wir wohnen an einem kleinen Berg, der im Sommer gerne auch von Fahrschulen zu Anfahrtsübungen genutzt wird. Berg hat hier den Wortsinn voll erfüllt. Bergauf im Winter ist oft schwierig, bergab dagegen kann tödlich enden. Der Grund: die Straße endet nach einem recht steilen Stück an einem Schild, welches vor dem querenden Verkehr der vielbefahreren B4 im Stadtgebiet warnt. Die vorgeschriebenen 50 km/h fährt da nur, wer ein stabiles Nervenkostüm hat und das Gedrängel auf dem kurzen zweispurigen Stück ertragen kann. Wer allerdings formatfüllend die Produkte aus dem Haus MAN im Rückspiegel sieht als wolle der Herr Frachtführer einem unbedingt nahebringen, wie stolz er auf seinen 40Tonner ist, der fährt spätestens beim zweiten Drängler dann doch etwas schneller. Natürlich nicht, ohne sich beim Abbiegen in der steilen 90°-Kurve mit einem recht späten Blinken (könnte man sonst als Abbiegeversuch in die Tankstelle - ist mir schon passiert - interpretieren) und einer Fast-Notbremsung von eben "zu schnell" auf maximal 15 km/h zu bedanken. Schneller geht das beim besten Willen nicht, schon gar nicht, wenn aus der Richtung bergabwärts unerlaubt nach links abgebogen werden soll. Schade, dass man in diesen Situationen nur den MAN im Rückspiegel sieht, nicht den MANN. Seltenst wird da gehupt, denn der Kapitän der Landstraße hat damit zu tun, die freien Massen zu zügeln. Rache des kleinen Mannes.

Geräumt wird unsere Straße dank der geheimen Liste; die wohl eine Abstufung unserer Fahrbahn zu einem Z-Promi beinhaltet, erst einmal nicht mehr. Erst wenn alle anderen Straßen frei sind und quasi staubtrocken, wird auch an uns gedacht. Zur Erinnerung: zwei große Wohngebiete nutzen unsere Straße täglich, um diese zu verlassen. Ach ja, die Liste ist wirklich GEHEIM! Muss man sich mal zu Gemüte führen.

Gestern also, am Tag des ersten nennenswerten Schneefalls inklusive einer leichten Vereisung von Straße und Bürgersteigen, war warten angesagt. Laaaanges warten. Während der brave Bürger versucht hat, des Chaos Herr zu werden; dies auch geschafft hat, hat sich die Stadt hinter einem Gesetz versteckt, welches zwar schon länger auch geltendes Recht ist. Aber, man ist zwar nun ein privatisiertes Unternehmen, denkt aber - immer dann wenn es bequem ist - wie eine Behörde. Sprich: lahmarschig ohne Ende, so dass man gerne auch mal mit der Peitsche und der eisernen Jungfrau argumentieren wollen würde. Um 18:01 Uhr war es dann soweit: die ersten gelben Blinklichter zucken. Und mein "Freund" ist in diesem Jahr wieder dran, unsere Straßen zu räumen. Nicht der neue Pflug, angenehm leise und mit einem Fahrer, der nach kurzer Zeit schon gelernt hat, wo die Gullydecken mit gut 5 cm Überstand über die Straße liegen und dort den Pflug kurz lupft. Nein, der alte, jaulende Hauber von Mercedes und der Fahrer mit dem scheinbar vorhandenen Leck-mich-am-Arsch-wenn-der-Dreckspflug-kaputt-geht-dann-bekomme-ich-endlich-einen-Neuen-Gefühl quälen sich hier herum. Gut, früher war das störender, allerdings konnte man fast die Uhr nach dem Mann stellen. Laut - aber pünktlich. Was also hieß, dass er früh in einem Zeitfenster zwischen 6:05 Uhr und 6:10 Uhr kam. Verspätungen kamen äußerst selten vor. Jetzt eben, jetzt räumt er (oder eine Kollege?) zwölf Stunden später. Macht ja nix, durch unsere Straße müssen weder Großindustrielle noch Stadtlenker. Nicht mehr. Schade, ich wüsste gerne, welches Kriterium zur Abwertung unseres Steilstückes von B- nach Z-Dringlichkeit geführt hat. Kann man nur mutmaßen, soll jeder machen, wie er mag.

OK, die Räumung am Abend ist nunmal so, der Lärm dabei stört nicht wirklich und der Pöbel trifft im schwindenden Tageslicht den späten LKW besser mit faulen Eiern, Kohlköpfen und matschigen Tomaten. Nein, der Fahrer wird natürlich nicht beschädigt, vielleicht im nächsten Jahr, wenn wir Fackeln und Forken haben. Schau´ ´mer mal!

Wirklich, aber so richtig wirklich nervend war heute früh der Einsatz eines Baggers(!) um in sagenhaften gut 15 Minuten die 422 Schneeflocken einzeln mit der größten verfügbaren Schaufel auf einen Wagen zu heben. Ach so, die Uhrzeit... VIER UHR UND SIEBEN Minuten hat die Atomuhr propagiert. Es ist ja nicht so, dass ich jetzt unbedingt zu einer gewissen Zeit in das Bett muss, entsprechend auch nicht auf die Minute genau aus den Feder springen muss. Ich kann aber. Und bei dem Lärm ist an einen Schlaf sowieso nicht zu denken. Also: im Vorbeigehen eine Tasse Kaffee bei der Maschine geordert und am Fenster das unwürdige Spiel eines Menschen beobachtet, der wohl das erste Mal in seinem Leben um 4:00 Uhr auf diesem Arbeitsgerät saß und nur sieben Minuten später bei uns zu räumen hatte. Manchmal kam es mir so vor, als wolle er den Schnee nicht abtransportieren, sondern jede einzelne Flocke tot fahren. Mehrmals. Um es mit der Vanillelady zu sagen: "Grmpfrl!" Und sie hätte Recht!

Allerdings hat so eine Aktion auch etwas Gutes - man sieht die ganzen Nachbarn versammelt an den Fenstern. Eben wie früher am Anger, wenn die Sau durch den Ort getrieben und erlegt wurde. Vielleicht sollte der Fahrer morgen ein schnelleres Gefährt bekommen. Schneller als wir mit Forken und Fackeln laufen können. Drückt ihm die Dauen....


Kommentare

  1. Es war mir ein wahres Lesevergnügen. Danke dafür. Und der Inhalt - wem soll ich da was wünschen, wohl allen, dass es nicht wieder schneit.

    Grüße! N.

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  2. Danke Nelja, und Deine frommen Wünsche in Gottes Ohr :-)
    Gruß
    Holger

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  3. Dabei ist Schnee doch soooooo schön...

    Bei eurer Hanglage seh ich es ein, aber ansonsten finde ich, dass es okay ist, wenn nicht mit Salz gestreut werden darf. Was da an Tonnen jedes Jahr ins Erdreich kommt, das ist sehr schädlich. Nicht nur für die Vegetation (ich weiß es zwar nicht genau, aber ich stelle mir vor, dass das Salz natürlich auch in die neben den Straßen liegenden Äcker gelangt, die dem Nahrungsmittelanbau dienen), sondern auch für die Tiere. Hunden tut es bisweilen richtig weh, wenn das Salz die Pfoten angreift. Der Mensch vergiftet seine Umwelt schon genug, wir sollten alle mehr drauf achten, was wir ihr zumuten.

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  4. Da hast Du ja auch Recht. Die Ebenen streuen wir auch nicht. Aber wenn es dann zu Lasten der Menschen geht, dann ist der Spaß vorbei. Unsere Hunde haben wir immer im Schnee neben dem gestreuten laufen lassen, dann ging das. Wie gehts denn Deinem Hundi? Habt Ihr das nun im Griff???

    Na, wenn das Salz in die Äcker geht, dann finde ich das nicht mal so schlecht. Muss ich zu Hause beim Kochen weniger zusetzen. ;-)

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    1. Dem Hund gehts eigentlich ganz gut. Sie freut sich soooo über den Schnee, wälzt sich darin rum und hat ihren Spaß. Wird auch gern gefressen, der Schnee. Diabetes ist einigermaßen im Griff, die Werte schwanken arg, also nach wie von 2 mal täglich messen, ich bin schon Profi *gg*. Diese Schwankungen sind bei Hunden normal sagt der TA. Und dann sagt er noch, wir sollen in Monaten und nicht in Jahren rechnen, die sie noch bei uns ist. Hab ich glaub ich schon mal gesagt *grübel*. Wie gesagt, noch hat sie Spaß am Leben und leidet wohl eher weniger. Also machen wir ihr die noch verbleibende Zeit so angenehm wie möglich.

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  5. Wir haben schon vor über 20 Jahren ein Auftaumittel vertrieben
    das besser aufgetaut hat als Salz (bis -25°C!), ungiftig und auch
    für Pflanzen unschädlich war. Im Gegenteil, beim Zersetzen hat
    sich im Prinzip sogar ein Pflanzendünger ergeben. Es war halt
    leider ein kleines bisschen teurer als Streusalz – wollte keiner !
    Wenn man so etwas mitbekommt dann muss man wirklich glauben,
    die Dummheit der Menschheit ist grenzenlos!

    Sollte jemand an solchen Mitteln Interesse haben so können die
    folgenden Links weiterhelfen (ich bin Gott sei Dank nicht mehr
    der Vertreiber!):
    http://www.umwelttechnik-stenzel.de/Streumittel-und-Auftaumittel--Taumittel--Winterstreugranulat--Winterstreu/Taumittel-ICE---DUST-AWAY--Auftaumittel.html

    http://www.umwelttechnik-stenzel.de/Streumittel-und-Auftaumittel--Taumittel--Winterstreugranulat--Winterstreu/Auftaumittel--Auftaugranulat--Taumittel.html

    Grüße vom
    Allgäu Hans

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  6. Hans, das ist doch wie überall. Soll nix kosten, am Personal wird auch gespart, dafür wird das Geld an anderen Ecken rausgehauen.
    Gruß
    Holger

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