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U eat it raw?

Bekam mein Kumpel 1993 auf dem Campingplatz in Bankfoot zu hören. Das war da, als wir ein Zelt eingebüßt haben. Soll ich erzählen? Kann aber dauern....

Fleißige, aufmerksame und vor allem regelmäßige Mitleser werden wissen, dass ich im Jahr 1993 einen Campingurlaub mit Timo, Barten und Nuk in Großbritannien verbracht habe. Die Anfahrt erfolge mit zwei Motorrädern und einem "Serviceauto", also meinem von der Mutter geliehenen Golf II mit 75 PS. Der Jeep Wrangler 4.0 HO wurde solange von ihr bewegt. Nach dem, was mir so erzählt wurde, hat aber der Jeep eher die Mutter bewegt. Andere Geschichte, vielleicht später mal. Noch heute zucken die Mensch in und um Coburg zusammen, wenn mit Donnergrollen ein weißer Jeep durch die Gassen fährt. Warum? Keine Ahnung.... ;-)

Es trug sich also zu, dass es in den ersten zwei Wochen unseres zweiwöchigen Urlaubs regnete. Nicht immer, denn, wenn wir irgendwo in einem Haus zu Gast waren, dann hörte der Regen auf. Klar, auch Regen braucht eine Zeit, um sich zu sammeln. Nur, um uns dann im Freien wieder mit Tropfen begrüßen zu können.

Eine dieser Stationen war dann eben dieser Campingplatz im Ort Bankfoot. Natürlich hat es mal wieder geregnet, im Ort war nichts mehr zu besichtigen und wir wollten weiter fahren. Die Wäsche haben wir schön in der Waschhalle getrocknet, als einer der Mitreisenden (ich war es ausnahmsweise nicht!) auf die Idee kam, das Zelt der Anderen auch in den Trockner zu stopfen. Klar, warum nicht, niedrigste Stufe, die Sonne hält so ein Zelt doch auch aus. Dumm war nur, dass uns das Prinzip des dort verwendeten Trockners nicht so geläufig war.

So geschah es, dass das Zelt sich wunderbar vor die Abluft gelegt hatte, der Apparat gepflegt überhitzte und unser Zelt an einer Seite trocken, an einer feucht, an einer mit Löchern und an der vierten geschrumpft heraus kam. Wir haben sogar noch versucht, dieses auf dem nächsten Zeltplatz aufzubauen, aber selbst die Eichhörnchen wollten nicht in den Tunnel kriechen, den unsere Mobilbehausung darstellte.

Nochmals kurz zurück zum Zeltplatz Bankfoot. Nicht umsonst haben wir im Nachhinein diesen Urlaub als "Drecksautour" benannt. Nicht, dass wir uns nicht regelmäßig gewaschen hätten. Das war es nicht. Eher der Zustand unserer Kleidung, unserer Ausrüstung und der Fahrzeuge während und nach der Tour war gemeint. Gut, vielleicht auch der Zustand so mancher Dusche auf den Zeltplätzen.

Die Kabine für Wäschewaschen und -trocknen in Bankfoot gehörte zu den gemütlicheren, war angenehm warm, trocken - und auch sauber. So trug es sich zu, dass wir an diesem Tag zwar mal wieder im Stehen, aber geschützt gefrühstückt haben. Im Shop gab es den dort üblichen Käse aus der Tube, eine Art Margarine, auch aus der Tube und eben Frühstücksspeck. Dieser gehörte Kollege Timo, der sich einen Schinkenspeck erhofft hatte. Leider war es roher Bauch mit viel Speck und Salz, aber keinerlei Lagerung wie beim Schinken oder gar eine Räucherung war festzustellen. Das Zeug war quasi lediglich ausgeblutet, vom Schwein geschnitten und in die Packung gelegt worden.

Timo hat das wenig bis gar nicht interessiert, wir drei Anderen nahmen gerne Abstand vom Genuss. Unser Englisch war damals nicht so gut, also habe ich, weil wir kein Brot mehr hatten, die anwesenden Engländerkinder, die uns "crazy Germans" bestaunt hatten, gefragt: "You need bread?" Ich wollte aber nicht fragen, ob sie Brot brauchen, ich wollte welches schnorren, im Tausch gegen - Frühstücksspeck. Nach ein paar weiteren Sätzen wussten diese Kinder endlich, was wir wollten - Tauschbrot. Aber auf den Speck haben die nur ungläubig geschaut. Ich glaube noch heute, die haben uns für Irre gehalten. Jedenfalls haben die abgelehnt. Wir wussten nicht, warum die so entsetzt geschaut haben. Timo nimmt also eine Scheibe von dem rohen Zeug, steckt diese ungebraten in den Mund und beginnt zu kauen. Um einfach zu zeigen, dass man den Mist essen kann. Die Augen wurden noch größer, die Kinder sind weggerannt - und kamen mit Brot wieder.

Wir wussten erst nicht wie uns geschah, wir hatten Brot, durften deren Brenner mit Pfanne nutzen und mussten nur für Fotos ruhig stehen. Später dann, als wir unser verunglücktes Zelt aus dem Trockner zogen, machten die Burschen auch davon noch ein Foto, wir mussten eine Scheibe Brot und die Speckpackung (leer gegessen) hochhalten.

Nachdem der Spuk vorbei war, wollten wir uns von dem anderen Menschen im Raum verabschieden, der sich bisher zurückgehalten hatte, aber Zeuge der ganzen Aktion wurde. Er war ein Schotte, der perfektes Deutsch sprach (da gab es mehrere auf unserer Tour), er klärte uns auf, dass unsere Fotos nun demnächst in der Schülerzeitung der Jungs erscheinen würden, dazu ein Titel für den Aufsatz über deren Ferienerlebnisse. Der Titel würde lauten: "U eat it raw? - German huns on vacation".

Irgendwie fanden wir den Vormittag dann nicht mehr so lustig, aber ändern ging es nun auch nicht mehr. Leider haben wir niemals einen Abzug der Zeitung gefunden, interessiert hätte es mich schon.

Ach so, ja, wie ich darauf gekommen bin? Ganz einfach. Gekocht habe ich heute nichts, es gibt nur Rohkost. Fenchelsalami aus den italienischen Bergen, Speck aus Südtirol, Rohmilchkäse aus Venezien. Weiß´ gar nicht, was die Briten haben, schmeckt doch gut.... Und das Schüttelbrot ist doch auch gebacken.

Kommentare

  1. Schöner Bericht! Aber das mit der geplanten Schottlandtour sollte ich mir noch mal überlegen. ;)

    Grüße! N.

    PS: Ich lasse mir Speck immer vom Ehemann direkt importieren von einem Markt in Kiev. Der stammt von Schweinen, die mit Bier gefüttert werden - mmmmmm sehr lecker, sowohl gebraten, als auch roh zu Schwarzbrot (und einem GUTEN Wodka).

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  2. Ich weiß, von was Du sprichst. Marlies hat einen Kollegen, der hat uns mal so einen Speck abgetreten. Den gab es dünn aufgeschnitten auf ein Brot. Seine Familie macht den selber, wenn ich mich recht erinnere. Da haben wir auch das Rezept von den gefüllten Teigtaschen her bekommen. Wareniki?

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