Freche "Gäste"

Da stehste früh auf, weil es in der Wohnung rappelt. Gehst in Richtung Bad, da wo die Geräusche herkommen. Und es zieht ein Geruch von Kaffee durch die Wohnung. Blick auf das Handy (trage ja selten eine Uhr). Viel zu früh um aufzustehen. Was ist denn jetzt überhaupt los? Kurz bevor ich die Tür zum Bad öffne, fliegt mir diese förmlich entgegen. So, dankeschön, bin nun mal hellwach...


"Hab´ frische Brötchen geholt, stehen im Esszimmer, neue Butter und Marmelade". Und Kaffee ist auch fertig. So große Augen habe ich wohl schon lange nicht mehr gemacht, bin es einfach nicht mehr gewohnt, am Morgen einer Frau in meiner Wohnung zu begegnen. Und was bedeutet "neue Butter"? Die ist immer frisch bei mir, hat nicht mal die Chance alt zu werden. Nicht mal mittelalt.

Ein lausiges "Moin" bekomme ich noch raus, ziehe mich in die Nasszelle zurück. Da fällt mein Blick auf die schweineteure Handcreme für den Mann im mittleren Alter, welcher Wert auf kuschelzarte und samtig softige Fingerchen legt. Die steht da offen. Benutzt, ungefragt. Das geht jetzt aber doch zu weit. Da kann man doch mal fragen, oder? Ist ja schön, dass sie unaufgefordert Nahrungsmittel besorgt, den Kaffee einfädelt und mich weckt. Letzteres hätte es aber nicht gebraucht. Und überhaupt, hat die denn kein eigenes Heim mehr? Klärungsbedarf!

Bei einem Körnerbrötchen (mag ich nicht!), Margarine (wer stellt sowas her?) und Erdbeer-Rhabarber-Marmelade (ich hasse die!!!) sowie einem Capuccino aus Pulver angerührt (kleinstes Übel an diesem Morgen) komme ich langsam wieder zu Bewußtsein.

Ich erfahre, dass sie mal wieder den Hund hier parken muss, weil es diesem schlecht geht. Prima. Was soll ich tun, wenn er umfällt? Mund-zu-Schnauze-Beatmung? Den Notarzt rufen? Ich bin überfordert mit dem aus dem Maul nach grünen Pansen stinkenden 38-Kilo-Klotz... Und dann hat sie endlich mal wieder ein Vorstellungsgespräch, darum die gute Laune und der Besuch, der wohl der Ablenkung von ihrer Aufgeregtheit dient. Zwar findet dieser in einem Nachbarlandkreis statt, aber wählerisch darf heute niemand mehr sein. Und außerdem läuft die ALG I-Zeit im Januar ab. Hätte sie mal Pferd und Auto verkauft, wäre alles leichter beherrschbar gewesen.

Aber ob es so gut war, zu einem Vorstellungsgespräch mit gepflegten Männerhänden zu gehen? Ich weiß nicht.... ;-)