Direkt zum Hauptbereich

Die Kochprofis waren da UND die Kochprofis brauchen nicht kommen

Erst einmal zu den Kochprofis. Bzw. deren Besuch im Coburger Land. Medienhype par excellence. Nur - die Zeitungen schreiben viel, die Werbetreibenden pushen das Karnikel zum Wagyu-Rind. Was soll man glauben, was bleibt übrig? Da gibt es nur Eines: hingehen, probieren, Meinung selber bilden.

Jahrelang sind wir zu Gast gewesen im "Landgasthof Schnitzelstube" in Ahorn/Triebsdorf. Dann hat die Qualität der Speisen in einer unheimlich schnellen Abfolge abgenommen. Für uns ein Grund, den Gasthof nicht mehr zu besuchen. Nur große Portionen reichen nicht, schmecken muss es auch. Und das war nicht mehr gegeben. Oder anders ausgedrückt: Reziprozität in Reinform. Der Preis als Konstante, die Qualität im Verhältnis zur Quantität. Ausgewogen war anders.

Nun sollten die aus dem Fernsehen bekannten (berüchtigten?) Kochprofis in neuer Besetzung (Frank Oehler, Ole Plogstedt, Andi Schweiger) das Verhältnis geraderücken. Nach deren Besuch ist einiges an Zeit vergangen, für uns war es nun an der Zeit, mal wieder einen Besuch in den Räumen in Triebsdorf abzustatten.

Lustigerweise hat die Bedienung, als ich sie in der letzten Woche in einem Café gegrüßt habe, sich ohne Grußerwiderung abgewendet. Dort war ich mit einem Bekannten, der ebenfalls mit mir kartet. OK, ist in Ordnung, ich habe ihr zwar nichts getan, sie auch nie von der Seite angeredet, aber jeder Mensch ist anders. Was solls... Und gestern dann: "Halllllooooo!!!! Ihr habt uns ja schon lange nicht mehr besucht, wie gehts euch denn?" Falscher Film? Die Ausrede, sie hätte mich im Café nicht erkannt, kann ich also streichen. Wahrscheinlich bin ich nicht ihr Typ, will das aber auch nicht sein.

Getränke wie immer, in der Karte steht noch immer "Spezi", ausgeschänkt wird ein Cola-Mix von Leikeim. Und Mineralwasser? Steht so auf der Karte. Einmal als "Mineral Wasser" und einmal, direkt darunter, als "Mineralwasser". Gebracht wird Wasser im Glas. Für den Gast nicht nachvollziehbar, was da kommt. Nein, ich bin kein Nörgler. Aber in der deutschen Verordnungswut gibt es eben auch klare Regeln für Lebensmittel. Erst einmal ist "Spezi" ein Markenname, somit ist der Tatbestand der Warenunterschiebung gegeben. Auch, wenn es dem Kunden schmeckt und Cola-Mix landläufig als "SPEZI" bezeichnet wird. Dies ändert nichts daran, dass es sich um eine eingetragene Marke handelt.

Mineralwasser ist ein streng gefasster Begriff, welcher ebenfalls klar regelt, was ein Mineralwasser ist - und wann eben nicht. MINERALWASSERVERORDNUNG. Achtung: nicht mit der Trinkwasserverordnung verwechseln. Zumindest ist es ein Verstoß, Mineralwasser in einem Glas an den Tisch zu bringen. Jaja, kleinlich, ich weiß. Aber, wer kann mit Sicherheit sagen, ob er das etwas teurere Mineralwasser bekommt oder lediglich ein Tafelwasser? OK, in der Schnitzelstube ist es Mineralwasser, das weiß ich. Aber in anderen, mir unbekannten Lokalen, kann ich da sicher sein?

Ein weiteres Thema ist die Speisekarte. Manche Zusätze will ich vermeiden, manche vertrage ich einfach nicht mehr so gut. Da ist es doch schön, wenn diese - wie vom Gesetzgeber gefordert! - auch in der Karte genannt werden. Nur der Hinweis, dass keine TK-Ware eingesetzt wird, schließt den Einsatz von Produkten mit kennzeichnungspflichtigen Zusatzstoffen nicht aus. Natürlich gibt es auch hier wieder eine verbindliche RICHTLINIE, die dem Küchenmeister mit langjähriger Erfahrung bekannt sein muss. Spätestens das drucklegende Unternehmen hätte den Fehler bemerken müssen. Currywurst und verwendeter Hinterschinken sowie Rohschinken haben in der Regel kennzeichnungspflichtige Zusatzstoffe in sich. Soweit also die Theorie.


Diverse Getränke kommen wie immer schnell und in angenehmer Temperatur an den Tisch, soweit kein Problem. Ich bin bei "Neustarts" in der Gastronomie immer vorsichtig, deshalb gab es für mich nur eine "Gulaschsuppe Art des Chefs". € 2,70 sind günstig, schauen wir einfach mal, was da kommt.


Ein weiteres Gericht war das "Schnitzel natur" mit Kräuterbutter und Bratkartoffeln. Dazu ein Beilagensalat

Das dritte Gericht am Tisch sollte ein Schnitzel "Wiener Art" sein. Hier kann der Gast wählen zwischen Friteusenware für acht Euro glatt oder, für 50 Cent Aufschlag, in der Pfanne gebraten. Dazu Pommes frites und auch ein Beilagensalat.

Meine Gulaschsuppe kam als Erstes an den Tisch, hatte einen, sagen wir mal fertigen Geschmack. In der sehr sehr sehr salzigen Suppe befindet sich viel Fleisch, dazu ein paar Stückchen Paprika und eine sehr dünne Scheibe Karotte. Oben auf der Suppe etwas gehackte aber frische Petersilie, daneben Croutons aus der Packung. Tipp: entweder die Croutons gleich an den Tellerrand legen oder Augen zu und runterschlucken. Ich bin zerrissen in meinem Urteil, denn die Portion ist für den Preis noch immer groß. Aber, der Salzschock wirkt und brennt noch lange im Hals nach.

Kollege eins mit dem "Schnitzel natur" hat ein ähnliches Erlebnis. Relativ kleines Schnitzel (im Vergleich zu früher), hart gebraten, dazu eine Kräuterbutter mit wenig Geschmack. Die Frechheit aber, und ich kann es nicht anders nennen, waren die Bratkartoffeln. Eine Scheibe in de Stärke wie die nächste lässt nur zwei Schlussfolgerungen zu. Entweder es handelt sich um vorgefertigte Ware oder in der Küche arbeitet ein Kartoffelsamurai. Was wahrscheinlicher ist, soll der Leser für sich entscheiden. Dafür hat der Kunde auf dem Teller die freie Auswahl an allen Gargraden in Sachen Kartoffel. Zwischen "eben so mal warm" bis "afrikanisch durchgebräunt" ist alles neben dem Schnitzel zu finden. Der Kollege is(s)t tapfer und kämpft sich durch den Teller. Für mich wäre das komplette Essen ebenfalls ein Grund gewesen, diesen zurück zu geben.

Kollege zwei ist bei uns der Schnitzel "Wiener Art"-Profi. In acht von zehn Fällen wählt er im Lokal diese Speise. Heute für eben die oben bereits angesprochenen 50 Cent Aufpreis als "pfannengebraten". Da denkt man doch an ein leckeres Butteraroma, ein weiches und saftiges Schnitzel - und bekommt dann sowas wie an diesem Abend. Zwei Scheiben Fleisch, paniert, am Rand recht dunkel, in der Mitte durch. Für uns sah das so aus, als hätte der Koch das Schnitzel vorpaniert und dann einfach nur kurz durch die Pfanne gezogen. Ergebnis: trocken wie die Wüste Gobi. Im Verbund mit Pommes frites, welche außen knusprig und innen matschig waren, ein rundes Bild der Küchenleistung. Kollege zwei hatte wirklich Schwierigkeiten, das Schnitzel in der Trockenversion hinunter zu bringen. Eine halbe Flasche Ketchup sollte dabei gute Dienste leisten.

Unser Fazit: Die Kochprofis haben vielleicht in der Administration gute Arbeit geleistet, in der Karte jedoch ist eine schier unüberschaubare Menge an Speisen und Aktionen zu finden. Warum kann man sich nicht tagesaktuell auf die Standardkarte und die Wochenkarte beschränken? Was interessiert mich im Sommer, dass es in Monaten mit "r" Fisch gibt? Einfach mal überdenken und schlanker gestalten. Hier wurde auch nur so halbherzig gearbeiet, wie die Küchenleistung an diesem Abend geschmeckt hat.

Dann bleibt aus der Überschrift noch das "Kochprofis brauchen nicht kommen". Dies beziehe ich auf die mir bereits mehrmals zugetragenen Meinungen zum Landgasthof "Blaue Gans". Detaillierte Informationen haben mich bestärkt, dort unbedingt und wie auch immer aufzutauchen. Mit wohl ambitionierten Preisen aber einer Geschmacksvielfalt, die im Coburger Raum seines Gleichen sucht. Wir werden sehen. Und ich werde hier berichten!

Kommentare

  1. Einsatz am Herd ..Schnitzel mach ich immer noch am liebsten selber ...;-)

    AntwortenLöschen
  2. Nicht nur du hast die Erfahrung gemacht.Bei uns waren es 3 Steaks die total verbrannt und strohtrocken waren.Als Entschädigung wurden uns für die 3 Steaks 6 € erlassen.Auf meinen Einwand das erst die Kochprofis da waren bekam ich zur Antwort das der Koch gemeint hatt : Er hätte ja schlieslich auch noch andere Essen zu machen gehabt.Es waren ca 35 Personen im Biergarten davon hatten die meisten schon gegessen.
    Siehe auch meine Bewertung:
    http://www.restaurant-kritik.de/bewertungen/189381

    AntwortenLöschen
  3. @ Paderkroete: Irgendwie ja. Schmecken am besten, kosten am wenigsten. Aber im Lokal kann man sich doch ab und zu mal Anregungen holen. Und wenn es nur Beispiele sind, wie man es falsch macht.

    @ Pfannenschwenker: Da haben die Kochprofis nur Laienarbeit abgeliefert, wie es schein.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ragout Fin - der Convenience-Test

Mitte der 70er Jahre im 20. Jahrhundert war es ein Edel-Essen auf jeder besseren Party; Ragout Fin . Ich kann mich noch daran erinnern, wie meine Mutter diese -damals noch recht teuren- Blätterteigförmchen gekauft hat. Und drei Tage vorher wurde uns das Maul schon wässrig gemacht. Zumindest haben mich diese Teilchen auf Anhieb überzeugt. Eigentlich mehr der Inhalt, den ich auch Heute noch gerne esse. Zeit, einen Test zu veranstalten, nachdem in der letzten Zeit immer mehr dieser Convenience-Produkte auf den Markt kommen. Im Test befinden sich Aufwärm-Produkte von verschiedenen Discountern, teils auch Aktionsware wie das Produkt der Marke Sodergarden, hergestellt von Tulip . Zwar sind diese nicht immer zu bekommen, einen Geschmackstest kann man ja trotzdem machen. Natürlich völlig uneigennützig... Erwärmt werden die Produkte jeweils auf 60° Celsius, um eine Basis für die Vergleiche zu haben. Gemessen werden die Temperaturen mit einem Digitalthermometer, um eine Überhitzung und somit

Glaubenskrieg an der Bratwurstbude

Semmel, unbeschnitten Evangelisch oder katholisch? Für Coburger ist das wichtig. Ihr wollt uns Coburgern unsere Wurst verändern? Niemals! Nehmt unsere Veste, schändet alle unsere Jungfern . Egal, um Mitternacht machen wir den Deal - aber lasst unsere Wurst in Ruhe. Coburger Saftschinken? Gibt es nicht mehr. Bier aus Coburger Brauereien ? Verkauf an einen Konzern in Kulmbach. Aber was sich nun abspielt, das erschüttert die Coburger. Zur Erklärung: Semmeln (halbe Doppelbrötchen) werden in Franken entweder "evangelisch" oder "katholisch" aufgeschnitten. Was bedeutet: "evangelisch" ist ein Längsschnitt auf der Oberseite, "katholisch" ein Schnitt an der Längsseite. Und eine Bratwurst wird in Coburg IMMER unversehrt an den Kunden gegeben. Da wird nichts abgeschnitten, gedrückt oder gar zerlegt wie eine Currywurst. korrekte, einzig mögliche und denkbare Schnittlinie senkrecht nicht denkbare waagerechte Schnittlinie, für alle andere

90 Minuten Ruhe und Entspannung

Bild: Eingangsbereich zum Bad in Bad Staffelstein Piscina. Ich war überrascht, dass ich zu meinem Geburtstag einen Gutschein für einen Aufenthalt im Piscin a bekommen habe. Mir war der Begriff bis dato nur als kirchlicher bekannt, bezeichnend für das Handwaschbecken in Kirchen. Einfach zu Reinigung. Bild: Die Piscina Und die Assoziation war nicht einmal so falsch. In oben genannten Gutschein-Fall ist Piscina etwas erweitert zu sehen, und zwar als Becken, in welches man Wasser füllt - und eben wieder ablässt. Dieses Piscina befindet sich in dem der Klinik Bad Staffelstein angeschlossenen Bad. Unseres, wir hatten das mit der Nummer eins, wird durch eine Art Schleuse betreten, die gleichzeitig auch als Umkleideraum fungiert. Da diese nur durch einen einfachen Fallriegen zu verschließen ist, empfehlen wir, Wertsachen im Auto zu belassen. Die Piscina selbst ist komplett gefliest, helle, freundliche Farben, zwei Schalen mit Kerzen sorgen für eine gewisse Grundstimmung, eine eigene Dusche sow