Es begab sich vor vielen Jahren, weit entfernt von unserer Heimat, da zogen fröhliche Programmierer aus, ein gut laufendes Dorf (= Internetcommunity) zu zerlegen und neu und glanzvoll wieder aufzubauen. Viele Fragen wurden an die Dorfbewohner gestellt, viele Ideen kamen von diesen zurück. Das Problem war nur, dass die Programmierer die Einwohner nicht verstanden. Dies kann an der Sprache gelegen haben oder daran, dass diese einfach nicht wollten.
Nach langer, langer Wartezeit, die Bewohner wurden schon ungeduldig, einige der vielen langjährigen Bewohner zogen bereits weg ob der schlechten Infrastruktur im Dorf – war es endlich soweit. Dorf 2.0 wurde eröffnet. Schöne neue Fassaden blendeten das Auge, viele neue breite Wege, auf denen man zwar vorerst nur langsam gehen konnte, entstanden. Aber – es wurde ja noch gebaut. Und die Bewohner hatten Anfangs noch Verständnis und Hoffnung. Obwohl sie lieber zwei Monate später, dafür aber in ein komplettes Heim eingezogen wären.
So hatten die Dorfbewohner sich das nicht vorgestellt. Viele der uralten und bewährten Häuser waren abgerissen oder schwer beschädigt, dafür aber frisch angemalt. Die Bewohner trauten kaum ihren Augen – vorne hui, dahinter pfui. Manche Häuser wurden auch versetzt, kaum ein Bewohner fand sich noch zurecht. Das war nicht das Dorf 2.0, auf dass sie gewartet hatten. Zumal das Dorf auch sehr oft abgeschlossen wurde, die Bewohner kamen nicht hinein.
Auch die alten Dorfregeln wurden teilweise außer Kraft gesetzt. So konnte man zwar nur noch mit einem Passierschein in das Dorf gelangen, dafür aber danach ungehindert seine Thesen an die Dorfkirche anschlagen. Das vorherrschende Chaos wurde von nicht wenigen ausgenutzt, diese machten für sich Werbung und redeten schlecht über andere Markttreiber.
Dem Bürgermeister wurde dies zwar angezeigt, aber er konnte nicht reagieren. Schließlich waren ja auch viele der Ämter noch unbesetzt. Nun begaben sich die Dorfbewohner selbst auf die Suche nach Beweisen. Und fanden diese in anderen Dörfern zuhauf. Auch diese Beweise wurden an den Dorfprobst herangetragen – worauf dieser noch erboster reagierte und zweien seiner wohlmeinendsten Bürgern zwei Schriftrollen wegnahm. Es rumorte im Dorf.
Zwar standen nun die Häuser stabiler als früher, aber einigen fehlten die Ziegel auf dem Dach, andere hatten keine Fenster – nichts war von den Bauausführern fertig gestellt. Es hatte den Anschein, als hätten sie das Dorf in seiner früheren Blüte nie gesehen, auf das Geradewohl gebaut.
Nun waren die Bürger anfangs noch sehr stolz auf ihre neue Heimat, schickten Depeschen an die vormals geflüchteten Mitbürger. Diese kamen auch zu Besuch im Dorf vorbei; nahmen aber wieder Reißaus beim Anblick der vielen Baustellen und Unfertigheiten.
So geht sie denn weiter, die Landflucht bei gleichzeitigem Umbau zum Feriendorf. Weg vom Dauergast, hin zum Kurzurlauber. Somit verdrängen die weißen Socken mit den schlechten Manieren die gesitteten Kleidungsstücke mit Umsicht. Das Dorf Katzetrophal ist im entstehen.
Hallo DSL,
AntwortenLöschendie Beschreibung ist klasse. Die Landflucht wird damit wohl leider nicht gestoppt werden können. Ich habe Sehnsucht nach dem Dorf von Asterix und Obelix.
Beste Grüße Radinn
Ich glaub in dem Dorf war ich schon mal...
AntwortenLöschenVon mir gibt es auf jeden Fall ein "gut geschrieben".
Viele sind weggezogen haben aber wie ich trotzdem Heimweh.Aber die Bürgermeister des Dorfes machen es einen leicht das Heimweh zu vergessen.
AntwortenLöschenGruss Pfanni