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Über die Ernsthaftigkeit von Kochshows



Oder auch: Business as usual!

Nicht über den Sinn der Kochshows möchte ich mir Gedanken machen, der ist mir schon klar: Geld. Manchmal nur Geld verbrennen, manchmal auch Geld verdienen. Eben ein Business as usual. Nur halt in verschiedenen Anstrichen präsentiert. Ich könnte jetzt sagen, „früher war alles besser“. Könnte ich. Ich könnte aber auch ehrlich sein und in den Raum stellen „früher war alles anders“. Was es wohl auch eher trifft.



Wie an anderer Stelle schon einmal angemerkt, haben Pioniere des Fernsehkochens ehedem die Kunst in den Vordergrund gestellt. Das gab es Schauspieler, die das kochen nur gespielt haben und Köche, die es verstanden haben, zu inszenieren. Beide Gruppen hatten aber das Ziel, dem Zuschauer auch Wissen zu vermitteln. Und dann natürlich nebenbei zu unterhalten.



Heute hat sich dieses Wertebild etwas verschoben. Unterhalten wird der Zuschauer allemal, mit etwas Glück lernt man auch. Dabei ist es von Vorteil, mit möglichst wenig Vorbildung diese Charge Fernsehprogramm anzusehen. Denn: die meisten Tipps sind wohl mindestens schon einhundert Mal über die Flimmerkiste nach Hause gekommen.



Kochen ist Nebensache. Entertainment, früher auch mal Unterhaltung genannt, steht im Vordergrund. Der Konsument hat schlicht verlernt, sich anspruchsvolles Programm herauszusuchen. Die 1980er Jahre mit den Soap-Operas und MTV als Vorläufer des Young-Generations-TV machte dem deutschen Fernsehvolk das einfache – und sehr oft seichte – Programm schmackhaft. War in den Anfangszeiten das Fernsehen eben zu Ende, wenn es nichts mehr zu erzählen gab, einige wenige, dafür aber mit Leidenschaft produzierte Filmproduktionen die Wochenhöhepunkte, so kann der schlafgestörte Konsument heutzutage Fernsehen schauen, wann er will. Und das dank Digitalsat in hundertfacher Variante. Seichtnis frei Haus.



Die nächste Stufe im Verblödungs-TV waren dann die Sendungen mit den Frauen, die sich darum stritten, wer die Grauzone des eben noch Erlaubten am weitesten auslotet. Rezipok zu den wachsenden Brüsten blieb hier leider oft das Hirn auf der Strecke. Eigentlich komisch, dass man nicht eine zirka fünf Minuten lang dauernde Endlosschleife dem sabbernden Zielpublikum vorwarf. Hätte Geld gespart und die Zielgruppe hätte nichts bemerkt. Wer dachte, nackt ist die letzte Weisheit, die die Fernsehzivilisation aufbieten kann, der wurde von der Sparte der Nachmittagssendungen überrascht. Nein, nicht das Niveau wurde angehoben, nur die Schlagzahl der Verblödungen, die öffentlich gemacht wurden. Und werden. Ein Segen für die Produzenten, dass die Pisa-Studie ein Tendenz-O-Meter dafür ist, dass der Nachschub an Wissens-Flatlinern nicht versiegt.



Und die bisher letzte Welle der Heimatbestrahlung mit Sparten-TV ist nun in Form von Kochshows angeschwemmt. Nehmen wir „Lanz kocht“ auf ZDF: Lanz habe ich noch nie kochen gesehen. Eher seicht moderierend, halbwissend zum hundertsten Mal die lapidare Frage nach diesem Kräutchen und jenem Mittelchen anbringend. Auch die Köche wurden im Laufe der Zeit stromlinienförmig. Tust du mir nichts, tu ich dir nichts. Nur ja keine Kritik üben, alles schmeckt, jede Variante ist lecker. Das Publikum bekommt Häppchen vorgeworfen, darf applaudierend Männchen machen und alles toll finden. Vom Konzept der Sendung her kann der Fernsehzuschauer kaum etwas lernen. Falls doch, dann ist das ein bemerkenswerter Zufall. Wie soll auch etwas hängen bleiben, wenn die oben genannten Fragen immer wieder von selben Koch mit seinem Kräuterwissen beantwortet wird? Junge Talente werden weggebissen, dafür von Köchen ersetzt, die Butter und Sahne bis zum erreichen der Herzinfarktgrenze einsetzen. Kritik findet nicht mehr statt. Höchstens mal ein running Gag: „Da fehlt Salz“ oder „Die Teller sind schön“. Prima. Hochbezahlte und oft auch hochdekorierte Fachmänner und –frauen, die mit ihrer Meinung hinter dem Berg halten.



Dann gibt es noch Shows, in denen die GEZ-Opfer gezielt verheizt werden. VOX ist da ganz groß darin, „Unter Volldampf“ und „Kochduell“ sowie die ganzen anderen Formate zu benutzen, um dem Zuschauer zu suggerieren: „ei gugge da, des könnt´ mei Nachbar sei….“.

Oft wird offensichtlich nach dem Schema „ ein Schwuler, ein Nörgler, eine Vegetarierin, ein Unauffälliger und eine alternativ Angehauchte“ unter den möglichen Protagonisten ausgewählt. Brot und Spiele für die Zuschauer. Nein, doch eher Spiele. Brot ist verpönt. Einfach nicht perfekt genug für ein Dinner.



Schön ist es scheinbar auch, den Hobbyköchen dabei zuzuschauen, wie diese in einer Profiküche aufgearbeitet werden. Telegen werden dabei gezielt die Fehler herausgearbeitet, die Küchenchefs sind nicht selten Patriarchen vom alten Schlag – Hauptsache sendbares Material entsteht. Auch hier: Business as usual – für die Sender. Ernsthaft ist anders, Bildungs-TV sowieso. Aber die durchschnittliche Hausfrau hat wohl das Gefühl, hier noch etwas lernen zu können. Was vielleicht auch ab und zu stimmt, aber eher ein Abfallprodukt der Produktion sein dürfte. Oder haben Sie in den letzten Monaten etwas dazu lernen können? Nein? Sag ich doch: Erklär-mir-TV goes Business. Warum kann es denn keinen Telekolleg „Kochen“ geben?



Schlimm ist auch, dass besonders die Möchtegern-Honorigen unter den Köchen geradezu in die Fernsehstudios strömen. Hier haben wir es dann auch mit einem kleinen Kreis derer zu tun, die sich für telegen genug und ausreichend kompetent halten, neben einem gut geführten Lokal (mit auch bei Abwesenheit des Sterneinhabers gleichleibender Küche (?)) zusätzlich im Fernsehen zu glänzen. Ob da nun die Such nach Ruhm lockt oder das Geld, das mag jeder Zuschauer für sich entscheiden. Richtig gute Köche abseits der Schicki-Micki –Gesellschaft jedenfalls sind nur selten und dann auch nur für sehr wenige Auftritte im Fernsehen zu haben. Vielleicht ist denen der Kunde vor Ort wichtiger. Mag sein, mag sein, dass ich mich täusche.



Wenn aber die Bewertungen abseits der Berufs-Claquere (damit meine ich die etablierten Hauben-, Sterne-, Löffel- und was-weiß-ich-Verteiler) anschaut, dann kann man nicht selten eine Regel ableiten: je öfter im Fernsehen (und somit weniger ernsthaft betriebenes Gewerbe zu Hause/im Betrieb), desto schlechter fallen die Bewertungen des normalen Gastes aus. Sei es die betriebene Kantine oder der Sternebunker. Während bei den Profibewertern scheinbar immer öfter nur die gröbsten Schnitzer zur Abwertung verleiten, ist der aus eigener Tasche zahlende Kunde da weit empfindsamer.

Wie auch immer, wenn das Business seine Forderungen stellt, dann kann heute Vieles auf der Strecke bleiben. Bei den Kochshows auf jeden Fall die Ernsthaftigkeit.

Kommentare

  1. Danke über die pointierten Informationen zum Stand der Fernsehunterhaltung. Ich schaue schon lange nicht mehr und glaube nichts verpasst zu haben.

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