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Die Übernahme in die Gepflogenheiten

Da räume ich so im Esszimmer auf und entstaube die Regale. Was sich in acht Monaten alles an Staub ansammelt. Zu meiner Entschuldigung: a) ich bin faul, b) ich konnte lange Zeit nicht unter der Dachschräge balancieren.

Ich trinke so gut wie keinen Alkohol, werde eigentlich nur von schönen Flaschen oder außergewöhnlichen Mischungen angezogen. So wie z. B. vom Penninger-Likör mit Blaubeere und Vanille (aus dem letzten Urlaub in der Region). Da reicht aber dann auch ein Fingerhut voll. Und trotzdem stehen hier mehr Flaschen, als in vielen gut sortierten Lokalen. Wirklich wahr, kein dummer Spruch.

Wie ich so dieses Regal ausräume um an die Flächen zu kommen, fällt mir auf, dass zumindest die Dinge, die nicht trinkbar sind und dort stehen, eine gewisse Bedeutung in meinem Leben hatten. Oder für eine Episode stehen. Meist verknüpft mit Frauen aus meiner Vergangenheit. Und; komisch, meist ist eine meiner Vorlieben einer Frau zuzuordnen.

Da haben wir die Frau E. Die erste "Beziehung", dauerte mal gerade drei Tage. OK, davor waren wir wirklich zwei Jahre lang gute Freunde und ich war heimlich in sie verliebt. Dachte ich. Jeder in der Umgebung hat es gemerkt, nur ich dachte, das kann ich gut kaschieren.

Und selbst zu diesen drei Tagen wäre es nicht gekommen, gäbe es nicht den bösen Alkohol. Wie oben erwähnt, trinke ich wenig und vertrage nur an guten Tagen Unmengen. Ansonsten reichen in der letzten Zeit zwei Bier, um mich komplett aus der Bahn zu werfen. Damals, vor zig Jahren also, gab es im Reitstall ein Dankeschön-Essen für die Leute, die bei der Heuernte und auch im Lauf der Saison bei den Kutschfahrt-Turnieren geholfen haben. Spanferkel und hausgemachtes Sauerkraut. Und ich habe meine Sauerkirschbowle gemacht. Meine Bowlen waren damals eher berüchtigt oder befürchtet als berühmt.

Wie es genau geschah, ich kann es nicht mehr sagen. Nicht, weil ich es vergessen hätte, ich war schlicht schon vor dem Essen so blau, dass ich nichts mehr mitbekommen habe. Um 21 Uhr gab es Essen, um 21:30 Uhr saß ich im Auto von E., die mich nach Hause gefahren hat. Sie hat es nie erwähnt, was ich so alles von mir gegeben habe, aber ich habe damals wohl mein Herz ausgeschüttet. Zur Erklärung: ich hätte mich nie getraut, sie um eine Beziehung zu bitten, da sie erst einmal älter ist als ich und auch eine viel höhere Schulbildung mit einem phantastischen Schulabschluss hat. Blöd, damals hatte ich wirklich Hemmungen deshalb. Heute? Kein Problem. Lass´ uns diskutieren. Viele Jahre der Zurückgezogenheit bieten Zeit für Charakterbildung. Oder so :-)

Ich war dann also so gegen 22 Uhr im Bett - natürlich alleine. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass sie mich ausgeladen hat und mit einem Lächeln meinte, wir würden uns noch sprechen. Mir doch egal, ich hatte insgesamt 19 Stufen vor mir. Sprich was Du willst. Ich bin jung und *ööörksss*

Am nächsten Tag bereute ich dann mein B&O-Telefon, weil dieses neben einem glasklaren Klang auch eine unglaubliche Lautstärke zutage brachte. "Wir müssen sprechen, 14 Uhr bei mir." Aufgelegt. Mein Gott, was mir alles durch den Kopf ging. An der Tür geklingelt, hereingelassen, die Schwester war an der Tür. "A. (E. war der Nachname) ist hinten in ihrem Zimmer". Sauber, wenn die Frau nicht einmal selbst die Tür öffnet, dann brennt wohl das Dach. "Komm rein, setz´ dich!" Im Raum lag der Duft von ihrem Parfum, DIESES hier. Mit einem Kloß im Hals habe ich ihren Worten gelauscht. Nicht etwa Vorwürfe waren das Ergebnis des Vorabends, ein Satz, der mich erstaunen ließ. "Ich geb´ uns eine Chance!" Große Augen bei mir, keine Reaktion. "Wir versuchen es mal!" Kapiert was sie will, habe ich erst dann, als sie ihre Lippen auf meine gepresst hat. Ein lustiger Nachmittag, an dem ich mich richtig blöd angestellt habe. So blöd, dass der nächste Tag nur ein Telefonat brachte und am Dienstag, also Tag drei, den Schluss. "Ich habe es mir überlegt, es hat keinen Sinn." Tja, so schnell wie ich in einer Beziehung war, war ich auch wieder solo. Und komischerweise, mir hat das Ende recht wenig ausgemacht. Ich war ja noch sehr jung. Ach so, was ich für das Leben an Gepflogenheiten übernommen habe? Die Liebe für den Whisky. Single Malt. Noch heute mag ich dieses Zeug, allerdings nur in kleinen Mengen. Und im Keller liegen noch immer zwei Flaschen. Die waren für die Silberhochzeit von Marlies und mir gedacht. Die liegen da schon gut acht Jahre, sind jeweils aus ihrem und aus meinem Geburtsjahr. Editionen mit Nummerierung. Wahrscheinlich hätte man, anstatt die Dinger in weiter Ferne zu öffnen, auch eine Reise dafür unternehmen können. Nun liegen die da rum und werden wohl nie getrunken werden. Oder mit dem einen Kumpel, dem ich das versprochen habe (ja, Mitsch, ich weiß das noch. Schwach kann ich mich erinnern, aber doch!).

Zehn Zentimeter weiter steht eine Giraffe von Uli Stein. Die habe ich von K. geschenkt bekommen. Leider ist diese Frau schon verstorben, lange Geschichte, ist nun auch schon über zwei Jahre her. Mit ihr hat es sich ähnlich verhalten wie mit E., die mit dem Single Malt. Ich schmachtete aus der Ferne. Die Frau war dieses Mal ein paar Jahre jünger und im Begriff, sich auf ein Studium vorzubereiten. Mit ihrer Familie habe ich mich hervorragend verstanden, wir sind sogar einmal zusammen in den Urlaub gefahren. Fast drei Wochen lang, der längste Urlaub meines Lebens. Damals, kurz nach der Lehre ging das noch, danach war alles viel schwieriger und kompliziert. Ich wurde als Juniorchef schon auf die Rolle als Nachfolger vorbereitet. In diesem Urlaub in Südtirol war ich in einer anderen Pension untergebracht, bei der "schwarzen Kathl". Diese Frau habe ich nur gesehen, als ich abgereist bin und bezahlt habe. Ansonsten - nicht ein mal. Frühstück gab es zusammen mit den anderen in einer Pension, in der ich mit Marlies den ersten gemeinsamen Urlaub verbracht habe. Nein, sie wusste natürlich, mit wem ich vorher dort war. Warum auch nicht, es war eine platonische Beziehung. Bis auf einen Kuss, den ich zu meinem Geburtstag bekommen habe. Parfum? HIER bitte. Am Abend vor meinem Geburtstag (zu dem ich den Kuss bekam) haben wir "frei" essen gehen dürfen. Sie und ich. In einem kleinen Schloss in der Nähe, es gab Rinderschnitzel. Hier würde man wohl dünnes Rumpsteak dazu sagen. War ganz gut im Geschmack aber sowas von zäh.

Auf dem Weg nach Hause habe wir dann so viel zu erzählen gehabt, dass sie mich auf ihr Zimmer mitgenommen hat. Doppelbett, elend breit. Und so geschah es, dass wir - jeder auf seiner Seite - irgendwann in der Nacht eingeschlafen sind. Auf die Idee, die Situation auszunutzen wäre ich nie gekommen. Umso erschrockener war ihre Mutter am nächsten Morgen, als sie die Tochter wecken wollte. Tür auf "OHhhhHhhH" - riesengroße Augen. Ich konnte nur stammeln "komm rein, nix passiert, wir sind angezogen". Was Blöderes ist mir nicht eingefallen. Und trotzdem hat mich die Familie gemocht. Aus dieser Liebelei ist meine Vorliebe für südtiroler Speck und dem Unterthurner Waldler entsprungen. Ansonsten ist da nichts übrig geblieben. Naja, vielleich später noch der eine oder andere Kuss. Wer weiß ;-)

Frau Nummer drei war dann endlich die erste Beziehung, die den Namen verdient hatte und auch länger andauerte. Immerhin drei Monate. Wir waren etwa im gleichen Alter, A. aber das genaue Gegenteil von mir. Aufgedreht, Partymaus, flippig. Und Weintrinkerin. Rosenmuskateller. Hat mal geschmeckt, jetzt ist mir das Zeug zu süß. Damals hat noch die Kellerei "Lun" aus Südtirol nach Deutschland geliefert, aber die Mengen wurden immer weniger. Und außerdem war der Wein damals fast unbezahlbar. Die Frau war dann schneller Geschichte als der Wein. Vielleicht auch deshalb, weil wir so überhaupt nicht zusammengepasst haben. Auch das Parfum ist aus der Reihe geraten, diese hier: KLICK Noch heute kann ich den Geruch nicht leiden.

Neben Single Malt, südtiroler Speck, Unterthurner Waldler und Wein vom Lun ist mir komischerweise nur der Geruch der Parfums in der Nase geblieben. Ich glaube, noch heute würde ich die erkennen. Die Frauen? Die sind mir egal gewesen seit Juni 1995.

Was aber ist mir von Marlies geblieben? So sehr ich mich auch anstrenge, ich finde auf dem Board nichts, was auf sie schließen lässt. In der ganzen Wohnung erinnert nur noch ein Bild an sie, damals, als wir im Heidepark in Soltau waren. Auf der Wasserrutsche. Ansonsten ist alles wie ausgelöscht.

Bis es mir erst auffällt: wir hatten nichts Spezielles gemeinsam im Leben - wir hatten ALLES geteilt. Oft zusammen entdeckt, für gut befunden oder verworfen. An Marlies erinnert mich mein ganzes Leben. Nicht nur eine profane Erinnerung an ein Parfum oder einen Alkohol - ein ganzer Strauß Leben, Leidenschaft und Liebe erscheint, wenn ich zurückblicke. Die ganze Wohnung atmet die letzten 15 Jahre meines Lebens, damals noch unseres Lebens.

Kommentare

  1. Da hast Du aber auch noch nicht viel erlebt ;-) Reicht das für ein ganzes Leben? Mir wäre das zu wenig.

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  2. Hallo BBQ-Hansel, willkommen im Blog. Naja, nicht viele Frauen, aber DIE Frau. Und wer kann das schon alles von sich behaupten? Siehste! Und ja, es wird mir für den Rest des Lebens ausreichen. Warum auch nicht....

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  3. Vielleicht liegt das auch an der Erziehung, die den Menschen zwischen 1967 und 1972 angedient wurde ;-)

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  4. hm ..könnte gut sein. Also ich hatte jedenfalls "nur" drei Beziehungen die dann allerdings auch über Jaaaahre hinweg;-)

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