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Schlemmen in Bregenz (Österreich) - Das "s´Leutbühel"

Bodenseeurlaub 2018. Nicht nur im zivilisierten Teil des Bodensees (also in Deutschland) gibt es Lebensmittel in zubereiteter Form zu entdecken, nein, auch im nicht malerischen Bregenz hat es Lokale. Na gut, vielleicht übertreibe ich etwas, weil ich Österreich nach einem sehr negativen Erlebnis in den 90er Jahren etwas ablehnend gegenüber stehe.

Die gute Nachricht: der Grenzübergang erfolgte problem- und kontrollenlos. Ist doch auch mal was. Danke EU, immer schimpfen ist nicht gerecht. Österreich wird nie mein Lieblingsland, aber irgendwo müssen ja auch die Österreicher leben ;-)

Jetzt mal im Ernst... Bregenz haben wir leider nur im trüben Grau mit wolkenverhangenen Himmel gesehen. Windig, leichter Nieselregen, kaum Tageslicht. Irgendwie gibt es zwei Orte auf dieser Welt, die mich autofahrtechnisch in geduckter Haltung die Realität erleben lassen. Baden-Württemberg ist der erste Fall. Hier stehen in jedem Dorf mehr Blitzgeräte als sie Äpfel an den Bäumen haben. Das Ergebnis: die Augen sind öfter auf dem Tacho als beim Geschehen auf der Straße. Stress, keine Erholung. Und das, obwohl ich immer anständig fahre. Wenn es einen in Bayern erwischt (blitztechnisch), dann ist das eben Pech, in BW quasi vorprogrammiert. Fragt mich nicht, wie der Bodensee aussieht, ich kenne nur Blitzgeräte.

Platz 2 hat Österreich. "Piefkes" haben den Ruf, arrogant und einnehmerisch zu sein. Danke, liebe Österreicher, ich kann das nur von Herzen zurückgeben. Zumindest die, mit denen wir in Berührung kamen, haben uns recht schnell abgebügelt.

Was mich zum "s´Leutbühel" bringt. Dem Gegenteil dessen, was ich bisher von Austria mitbekommen musste. Das "s´Leutbühel" ist in einem kleinen Einkaufszentrum in der Mitte von Bregenz gelegen. (Römerstraße 5, A-6900 Bregenz) Der erste Eindruck: "Aaaalder - hier ist die Zeit stehengeblieben!". Ideale Platznutzung, was nicht unbedingt den Platzverhältnissen für den Kunden entgegenkommt, enge Wege, Raucherabteil - also etwas, was man erst negativ bemerkt, wenn man ein Gastro-Rauchverbot hat - und der Unnutz einer Tageskarte, weil man die Küche direkt riechen kann.

Da saßen wir also. Eingezwängt, keine Karte auf dem Tisch, nichts. Wirklich NICHTS. Nach geraumer Zeit kam Katalin an unseren Tisch. Eine Servicekraft aus dem Ostblock. Lächelnd, den Lappen mit einem Spruch auf den Lippen schwingend und die Lichttemperatur im Raum um 1.000 Kelvin erhöhend. Neben der Karte mit den ortsüblichen Speisen gab es auch eine Tageskarte. So bestellten wir aus dieser:

1 x die Tagessuppe zu 1,20 Euro
2 x Tagesteller zu je 8,00 Euro
1 x Espresso klein zu 2,70 Euro
1 x Cola 0,25 zu 2,80 Euro ( 11,20 Euro/Liter)
1 x Spezi 0,5 zu 3,90 Euro (7,80 Euro/Liter)

In der Gesamtsumme berappten wir 26,60 Euro für das Mittagsmahl. Was aber bekamen wir für unser Geld?

Will ich bei uns eine Tagessuppe für gerade einmal 1,20 Euro serviert bekommen, so habe ich drei Möglichkeiten:
1. Als Externer in der Mensa an der örtlichen Fachhochschule
2. In der Cafeteria des ortsansässigen Klinikums
3. Aus der Tüte, produziert von einem der wunderbaren Chemiegroßkonzerne

Oder ich fahre nach Bregenz und bekomme DAS serviert:
"Whattafack!" Nein, so hieß nicht die Suppe, das war das, was mir durch den Kopf ging. 1,20 Euro! Nur zur Erinnerung. Und was bekam ich nun? Eine wunderbare Fleischbrühe. Toll rund, nicht übertrieben wie die Chemie, wie sie hier (in Deutschland) oft in entsprechender Gastronomie in den Einsatz gelangt. Die war frisch(!), lecker und heiß. Fast hätten meine Tränen der Freude die Suppe aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Einlage. Spätzle habe ich verstanden, sonst nichts. Waren es auch, aber keine aus Mehl. Oder nicht NUR Mehl. Markspätzle. Cremig, toller Biss, ein wirklicher Genuss. Schade, dass meine Begleiterin nichts davon abhaben wollte. Naja, nicht wirklichlich schade, so blieb mehr für mich. Was denn? Ist doch so...

Hatten wir vorher noch daran geglaubt, eine mickrige Mittagsportion zu bekommen, waren in Gedanken schon beim Metzger mit der Heißtheke, waren wir nun guter Zuversicht, eine anständige Mahlzeit zu bekommen. Und siehe da:



Eine auf der Hautseite gegarte Lachsschnitte, dazu ein Randengemüse, Safran-Kartoffelpüree, Weinschaumsoße. OK, klingt gut, muss ja nicht gut schmecken.

Der erste Bissen und meine Vorbehalte gegen die Österreicher schwanden mehr und mehr. Der Lachs war perfekt gegart, die Haut knusprig, aber nicht verbrannt (liebe Gastronomen in D, bitte nehmt Euch zu einem leider großen Teil ein Beispiel daran!), dezent aber gut gewürzt. Der Safran war im Kartoffelpüree zu spüren. Eigentlich war es ein Stampf, also selbst hergestellt. Keine Kartonware, die einem den Appetit verleidet. Fluffig, mit Butter und Sahne (oder Milch), gelber auf dem Tisch als auf dem Bild. Als Farbkontrast gab es die Randen. Ich liebe Rote Bete in allen Varianten. Von roh über Püree bis hin zu Gemüse. WENN, ja wenn diese nicht muffig schmecken. Passiert ab und zu, merkt man nur, wenn man von jeder Knolle ein Stück probiert. Hier war jedoch alles perfekt. Etwas Salz, etwas Knoblauch und Zwiebel im Sud, dieser war durch ein Passiersieb gelassen, somit fein, gut gebunden und voller Aroma. Mir hätte es gereicht, eine Schüssel nur von den Randen serviert zu bekommen. Blöde Österreicher, die machen mir meine schönen Vorurteile zunichte. Ein Lichtblick für den Meckerer war dann doch auf dem Teller. Das Püree wurde an einem Weinschaum serviert. Spitz, sauer, fast bitter. Zum Glück war nur ein guter Esslöffel auf dem Teller, das Gesamtbild also weiterhin sehr beeindruckend.

Ein besonderer Dank gehört Katalin, die wir hier noch einmal besonders erwähnen möchten. Immer freundlich, sehr schnell, mit Hintergrundwissen und um den Kunden und den Umsatz bemüht.

Kurz noch einmal zum Raumklima. Nachdem wir eine Weile das Treiben im Lokal beobachten können, müssen wir unsere Meinung zur schlechten Lüftung und zum Geruch nach gebratenem Lachs im Saal revidieren. Der Geruch kam nicht aus der Küche - er kam von den vielen, vielen Tellern mit Tagesspeise. Eben diesem Lachs, den wir auch genießen durften. Die Luft wurde somit durch die Portionen parfümiert. Habe ich so auch noch nicht erlebt.

Der Zugang zum Lokal selbst ist mit Rollstühlen keine Problem, betritt/befährt man das Lokal von der Fußgängerzone aus. Verwehrt bleiben aber dann die Zufahrt zu den Tischen und zur Sanitäranlage. Warum in aller Welt plant man ein Lokal, bei dem die Tische und die Toiletten innen(!) nur über Stufen zu erreichen sind? Mir unverständlich, unnötige Hindernisse und auch für das Servicepersonal eine weitere und überflüssige Anstrengung. Lediglich der Raucherbereich ist ebenerdig zu erreichen, im Kaufhaus selbst sind Toiletten per Aufzug zu finden. Allerdings muss hierzu durch die Fußgängerzone gerollt und ein anderer Eingang genutzt werden. Naja...

Unser Fazit: sollten wir jemals wieder in Bregenz essen wollen, werden wir genau hierher kommen. Österreicher sind eben doch wie Deutsche. Nur anders...

Kommentare

  1. Tja, die Blitzer um den Bodensee, ein Thema für sich!
    Vor allem wenn dann noch Ortsdurchfahrten auf 30 km/h
    reduziert sind. Einmal nur nachts, dann wieder den ganzen
    Tag und alles schön mit Blitzern ausgestattet. Die Staus vor
    den Ortschaften sind dann vorprogrammiert, genauso wie
    die Auffahrunfälle!

    Aber immer noch besser wie in Österreich, dort dürfen die
    Polizisten die Geschwindigkeit SCHÄTZEN! Hätte mich in
    jungen Jahren beinahe meinen Führerschein gekostet. Ein
    übereifriger Polizist meinte ich sei viel zu schnell gefahren,
    nur weil die Reifen in einer Kurve auf glattem heißen Teer
    etwas gequietscht haben, tsss.

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    Antworten
    1. Einer der Gründe, nicht allzuweit in Ö hineinzuahren. Schade. Und das mit dem Bodensee stimmt. Ich frage mich, ob das eine absichtliche Abzocke oder eine vorsätzliche Schickane ist. Für Ortsfremde ist es unheimlich schwierig zu fahren, und die 30 km/h-Zonen fordern so viel Aufmerksamkeit auf die Geschwindigkeit zu legen, dass der Rest nur nebenbei erfolgt. Zumal es keine Umgehungsstraßen gibt, die genutzt werden können.

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