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Schlecker-Insolvenz - Deutschlands Griechenland?

Schlecker ist in der Insolvenz, nicht ganz unverschuldet. Begann die Misere doch schon vor Jahren, als die Gewerkschaft die Zustände um die Personalpolitik öffentlich machte. Von Kameraüberwachung in privaten Bereichen der Geschäftsräume war die Rede, von Ausbeutung über Überstunden und schlechter Bezahlung konnte gelesen werden, die BILD_Zeitung ganz vorne mit dabei. Aber auch die Gewerkschaft ist über das Ziel hinaus geschossen, hat die Profilierung über die "Affäre Schlecker" gesucht

Der Kunde war verunsichert, wollte aus solidarischen Gründen die Schleckermärkte nicht oder nicht mehr im gewohnten Umfang besuchen. Ja, auch ich muss zugeben, dass ich meine benötigten Artikel lieber beim Discounter oder im Supermarkt mitnehme, anstatt extra einen Schleckermarkt aufzusuchen. Ganze zwei Mal war ich dort als Kunde. Einmal, um eine spezielle Sorte Hautcreme zu kaufen, die ich in Coburg nicht bekam und ein zweites Mal, um einen entwickelten Film abzuholen. Alles schon sehr lange her.

Auch die Ausstattung und der Zustand der jeweiligen Märkte hat mich nicht unbedingt angezogen. Eher düster, voll gestopft mit Waren, grießgrämige Bedienungen - zumindest in "meinem" Schleckermarkt". Brauch ich nicht, da gibt es bessere Leistungen für gleiches Geld.

Nun hat die Insolvenz vorerst ungefähr 11.000 Angestellten, überwiegend Frauen, den Job gekostet. Der Betriebsrat von Schlecker ruft nach staatlichen Hilfen, in diesem Fall um eine Bürgschaft der Länder in Höhe von 70 Millionen Euro. Gut, eine Bürgschaft ist nun noch kein Geldfluss, aber das Risiko, dass dieser realisiert wird, das besteht. Zwei Länder sind sofort auf Abwehrhaltung gegangen, Bayern war zumindest offiziell geteilter Meinung, die FDP hat sich profiliert mit der Ablehnung. Die Empörung in den Schleckerkreisen sowie in weiten Teilen der Bevölkerung ist groß. Wirklich groß? Umfragen in Online-Medien haben ergeben, dass bis zu 69 % der Teilnehmer gegen eine Bürgschaft oder gar staatliche Leistungen sind, die über das gewöhnliche hinaus gehen.

Dabei sollte man auch nicht vergessen, dass die Frauen bei Schlecker sozialversicherungspflichtig angestellt waren, also keinesfalls wie oft geraunt, durch das Sozialnetz fallen. Hier wird vom Staat berechtigt ein Arbeitslosengeld fließen, wie es dies bei Millionen anderer Arbeitsloser auch geschieht. Somit geht das soziale Deutschland in die Leistung und stützt die unschuldig Arbeitslosen für die Zukunft.

Ein weiterer Punkt, der mich ebenfalls gegen die Auffanggesellschaft stimmen lassen würde ist der, dass die Masse der Arbeitslosen nicht an einem einzigen Ort konzentriert anfallen wird. Da werden also nicht in einem einzigen Ort hunderte oder gar tausende arbeitslos und sind ohne Perspektive. Gesehen auf die jeweiligen Orte kommen durchaus "nur" homöopathische Dosen an weiteren Arbeitslosen hinzu, momentan ist sogar der Arbeitsmarkt wieder recht gut. So besteht also für die Schleckerfrauen durchaus eine reelle Chance, einen vergleichbaren Arbeitsplatz zu bekommen. Vielleicht sogar schneller, als mit Auffanggesellschaft zur Qualifizierung. Wobei ich von diesen künstlichen Gebilden und deren geleisteter Arbeit wenig bis nichts halte.

Was ich aber verurteile, ist die Austragung von Grabenkämpfen zwischen Gewerkschaft, Personalrat und Geschäftswelt sowie der FDP auf dem Rücken der Schleckerfrauen. Dies ist verwerflich und Menschen verachtend.

Kommentare

  1. Deine Überlegungen zu Schlecker kann ich nur unterstreichen. Was mich jedoch persönlich noch mehr ärgert ist der Umstand, dass sich kein Schwein mehr daran erinnert, dass es dieser Mann war, der das große Drogeriesterben eingeläutet hat! Als 1974 die Preisbindung für Markenartikel abgeschafft wurde, war er der Erste der sich aus dem Sortiment der Drogerien die Rosinen und Schnelldreher rauspickte und seine „Drogeriemärkte“ öffnete. Drei Jahre später hatte er bereits 100 und 10 Jahre später dann schon über 1.000 Filialen. Seinen Umsatz jedoch generierte er auf dem Rücken der Drogerien und deren Mitarbeiter, die seit den 70er Jahren kontinuierlich abnahmen. Von diesen Selbstständigen und Angestellten die da arbeitslos wurden redet heute keiner mehr!

    1991 (damals hatte allerdings der größte Teil schon aufgegeben) hatten wir noch rund 12.000 Fachdrogerien mit entsprechenden Mitarbeiterzahlen (wir hatten bis zu 25 ganztags Mitarbeiter und noch 3 bis 5 Lehrlinge!), heute existieren gerade noch etwa 2.000 Läden!
    Wir hatten z. B. in unserem Geschäft ein Angebot von über 25.000 Artikeln, der gute Schlecker arbeitete mit gerade mal 5.000 Artikeln und die gab es auch nicht in allen Filialen! Wir hatten ausgebildetes Fachpersonal (3 Jahre Lehrzeit) die z. T. Jahrzehnte für uns arbeiteten und auch dem entsprechend entlohnt wurden. Die Personalsituation bei Schlecker ist ja hinlänglich bekannt.

    Aber was soll‘s, Müller Brot wird nach Insolvenz vom alten Betreiber wieder übernommen, der Laden ist sauber und er kann jetzt die Leute rausschmeißen und wieder Gewinne generieren. Wer diese Reinigung bezahl würde mich auch noch interessieren. Die Arbeitslosen bezahlen wieder einmal die Steuerzahler. Anstand und Sitte im Geschäftsleben ist heute, wie auch bei den Politikern, ein Fremdwort.

    aber dennoch, ein schönes Wochenende
    Allgäuhans

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  2. Hallo Allgäuhans, ähnlich war es auch in unserer Branche. Wir haben beraten und das Lager gehalten, dann sind die Kunden zum Discounter, haben die niedrigere Qualität akzeptiert und dort gekauft. Ob wir ein besser ausgebildetes und bezahltes Personal hatten (wir hatten über 20 Jahre eine Fluktuation 0!), das hat niemanden interessiert. Einmal kam eine Kundin und hat mir stolz erzählt, dass sie bei drei Farben im Internet je 15 Cent gespart hatte gegenüber unserem Preis. Dafür aber 2,99 Versandpauschale berappt hat. Was willst Du da machen?

    Gruß zurück, wir Beide haben es ja hinter uns
    Holger

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  3. Was ich aber verurteile, ist die Austragung von Grabenkämpfen zwischen Gewerkschaft, Personalrat und Geschäftswelt sowie der FDP auf dem Rücken der Schleckerfrauen. Dies ist verwerflich und Menschen verachtend. <= Unterschreibe ich sofort!

    Vor allem die FDP. Wird Zeit, dass die weg kommt!

    LG

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  4. Da beisst sich doch die Katze in den Schwanz. Teilweise bekommen die Angestellten in den Ketten (nicht nur bei Schlecker, auch in anderen) einen Stundenlohn von um die 5 Euro. Zum Leben zu wenig, und wie, bitte schön, soll man von dem Gehalt auf Dinge wie ökologischen Anbau, Qualität, arbeitnehmerfreundliche Betriebe, Stärkung der heimischen Infrastruktur etc. achten bzw. dementsprechend einkaufen? Wer wenig Geld hat ist doch quasi gezwungen, Billigware zu kaufen, anders geht es doch gar nicht.
    Die 15 Cent aus deinem Beispiel natürlich nicht Löffel, wer sowas macht ist einfach dumm oder denkt nicht nach oder ist zu faul zum selbst holen.

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  5. @ Manu: die sind ja dabei, sich selbst abzuschaffen, allein schon, weil denen ein klares Regierungskonzept fehlt.

    @ brisy: Das Werkzeug dazu, die Menschen in solche Jobs zu treiben, hat die Regierung (ROT!) durch die Einführung von Hartz IV und der Angst der Menschen davor geschaffen. Früher konnte man auf einen Job warten, der sich "gelohnt" hat, heute muss man Alles annehmen, was angeboten wird. Zu fast jedem Preis. Wer nicht auf Dumpinglohnarbeitsplätze eingeht, der wird in die Armut getrieben. So wurde geschickt durch die Hintertür und geschürt durch geschickte Stammtischparolen in der Bevölkerung akzeptiert der Weg in ein Niedriglohnland geöffnet. Ergebnis: gute Fachleute ziehen in das Ausland, das eigene Volk verarmt und lebt in Angst vor dem Ruin.

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  6. Stimmt. Noch dazu wenn man bedenkt, dass Viele mehr Geld in der Tasche haben wenn sie Hartz IV beziehen, als wenn sie arbeiten würden. Und da braucht man sich doch eigentlich gar nicht zu wundern, wenn Manche gar nicht arbeiten wollen. Darum ist die Idee mit dem Mindestlohn (ich halte 9 Euro für realistisch, weiß allerdings gar nicht, was da auf Politikebene im Gespräch ist) nicht die verkehrteste. Es kann einfach nicht sein, dass es einem Arbeitnehmer finanziell schlechter geht als einem Arbeitslosen.

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