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Rentner, nicht Renn Tier

Heute war es mal wieder soweit, drei Tage Pfingstwochenende vorbei, die Vorräte an 4711 und geschnittenem Brot sind aufgebraucht. Grund genug, in großen Scharen in einem bei älteren Herrschaften sehr beliebten Markt einzufallen. Ist der Franke ansich ja eher gemütlich und steht über den Dingen, war heute Ausnahmezustand angesagt. Die Einkaufswägen waren so gut wie alle im Umlauf, dafür stand der Unterstand voll mit Rollatoren. Auch ein witziges Bild, nächstes Mal nehme ich aber auch die Kamera mit zum Einkauf.

Auf zum einkaufen, bisschen Gebäck, etwas Obst und eine Tageszeitung sollen es sein. Theoretisch. Denn, schon im Eingangsbereich haben wir das Phänomen der Rudelbildung. Scheinbar wird hier im Windfang gelagert. Diese älteren Menschen sind aufgrund ihrer Haltung für einen normalgewachsenen Mitteleuropäer ja recht gut zu überblicken, so sehe ich, dass das Rudel von einem noch älteren Exemplar ohne Wagen, dafür mit Hausschuhen an den Füßen, ausgebremst wird. Beim Bäcker biegt sie ab, die Karawane geht bedächtig ein paar Meter weiter.

Kurz bevor ich durch die Schwenkbalken den Markt betreten kann, ein erneuter Stopp. Hans aus der Luftlandedivision hat Franz vom Bodenpersonal wiedergefunden. Ausgerechnet 65 Jahre nach dem letzten Treffen finden sich die Beiden hier im Markt. Nein, kurz vor dem Markt. Ich habe ja Zeit und auch Verständnis für die Freude, frage mich aber auch, warum muss man sich direkt im Eingangsbereich in den Armen liegen? Auch dieses Hindernis wird überwunden, der Obststand naht. Sie werden es nicht glauben - auch hier alles verstopft. Zumindest bei den weichen Früchten wie Bananen, sehr reifen Birnen und Erdbeeren. Dafür habe ich leichtes Spiel bei den Äpfeln und den Kriegsfrüchten, also allem, was in fränkischem Boden nach dem Krieg exzessiv angebaut werden konnte. Will heute keiner mehr, ich schon.

Obst habe ich also, schnell noch einen Saft im Anbau am Markt gekauft, bis hierher ist noch niemand vorgedrungen, ich laufe wohl doch schneller als die Meute hinter mir. Vorbei an den Nudeln, nach links einbiegen, da stehen schon wieder zwei. Kurz abgewägt, was schneller geht - mein Anliegen auf Durchlass vortragen oder umdrehen und den zweiten Gang nehmen. Zweiter Gang, erste Wahl. Hindernislauf hier. Ein Wagen rechts, einer links, einer rechts, zwei links. Was beim stricken ein schönes Muster ergäbe, nervt hier. Und immer schön darauf achten, über keinen Stock und über keine am Boden liegende Tasche zu fallen. Geduckte Haltung, kein Blickkontakt, könnte als Aufforderung zur Hilfeanforderung missverstanden werden. Heute bin ich leicht genervt, ich will nur raus hier.

Noch einmal links abbiegen, da kommt gleich die Kasse. Wirklich, die Kasse ist da. Weit vorne, weit weg, zwischen ihr und mir - viele kleine graue Menschen. Und nur eine Kasse. Und wie das Leben so ist, kaum habe ich meine Sachen auf das Band gelegt und bin vorne und hinten eingekeilt, eröffnet nebenan die zweite Kasse. Gut gefüllt mit Corega Tabs, Sahnekaramellen und weichem Toast. Dazu leckerer Wein aus dem Tetra-Pack und Sahneleberwurst im Döschen. Alles zieht an mir vorbei, inklusive der neuen Besitzer. Nur meine Schlange stockt, weil der erste Kunde in der Reihe bei 52,20 Euro nicht mehr weiter kommt, aber 52,87 zahlen soll. Wollte er in Bar. Jetzt per Karte. Und die Nummer steht auch auf irgend einem Zettel. Nur, auf welchem?

Als ich so in mich hineingrinse, ich nehme mein Schicksal gerne mit einem Lächeln, wenn es mich versucht aus der Bahn zu werfen, ruft mich ein Schmerz in der hinteren Lendengegend zurück in das Dasein. "Darf ich mal durch, ich hab nix gefunden". Darf sie, auch wenn es mir schleierhaft ist, wie sie mit ihrer leeren Einkaufskarre da durchkommen möchte. Wie vorhergesehen - es geht nicht. Die ältere Dame vor ihr kann weder vor noch zurück, da hilft auch ein mehrmaliges beteuern, dass der Wagen doch leer wäre, nicht weiter. Nachdem sie endlich freie Fahrt in ihr schöne sund behütetes Rentnerleben hätte, stoppt sie an der Kasse. Um sich zu beschweren, dass das Angebot um kurz nach neun Uhr schon ausverkauft sei. Eine Frechheit wäre dies und nicht hinzunehmen. Sie beschwert sich nun also im Laufe der Woche beim Chef, den sie gut kennt, schließlich war doch auch ihr Sohn mit ihm im Sandkasten aufgewachsen. Ich bin mir sicher, der Sohn würde jetzt gerne ein klein wenig weniger mit ihr verwandt sein.

Während ich amüsiert zuhöre und die arme Verkäuferin mit einer stoischen Ruhe beschwichtigend wirkt, kommt hinter mir in der Schlange Unmut auf. "Was will denn die Alte da vorn. Erst vordrängeln und dann alles aufhalten..." Ich fühle mich auch ein wenig schuldig, zumindest ist etwas Unbehagen angesagt.

Dann, es geschehen Zeichen und Wunder, die zweite Kasse wird auch schon wieder geschlossen, bin ich an der Reihe. Für knapp über fünf Euro Warenwert habe ich mehr als 20 Minuten Lebenszeit aufwenden müssen. Zum Bäcker möchte ich nicht mehr, da stehen jetzt alle Kunden, die an Kasse 2 an mir vorbei gingen...

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