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Kölnfahrt 2010 - Zweiter Tag, das Abendessen


Mich schüttelt es noch immer, wenn ich nur an das Abendessen am ersten Abend denke. Diesmal wollten wir es schlauer angehen. Mit dem Ausdruck der Liste unter dem Arm ging es nunmehr per Navi zum an die zweite Stellt gevotete Lokal im Kölner Umkreis. Das Lokal wurde beäugt und für würdig empfunden.

FrauDSL begab sich in deren Räume, um für den späteren Abend einen Tisch zu reservieren. "Kein Problem" waren genau die Worte, die wir hören wollten. Die Speisekarte im Aushang versprach bodenständige Kost zu akzeptablen Preisen, ein gediegenes Ambiente - und ein Bauchgefühl, welches zu "gut" tendierte. Im Gegensatz zum Vorabend, als wir diese Vorahnung ignoriert hatten.

Nachdem wir aber erst für 19 Uhr reserviert hatten, blieben uns noch gut eineinhalb Stunden zum Ausruhen, die wir im Hotel verbracht haben. Dem Handywecker sei Dank, trafen wir rechtzeitig im Lokal ein.

Ein bisschen überlegt, waren wir uns schnell einig, dass wir für das schlechte Abendessen am Vorabend und für die kulinarische Zurückhaltung auf der Messe etwas Leckeres verdient hatten.

Die Wahl fiel somit auf:

Zur Überbrückung der -sehr kurzen- Wartezeit kam aus der Küche etwas frisches Brot und ein Frischkäse mit frischen Kräutern. Drei "frisch" in einem Satz, aber vollkommen berechtigt. Das Brot schön knusprig, die Käsemischung jedoch nichts Besonderes, befürchteten wir trotz des schönen Ambientes einen Reinfall.

Weiter ging es dann mit einem Gruß aus der Küche, dieser in Form einer Currysuppe dargereicht.

Nur wenige Teelöffel voll, mit Rotkrautsprossen garniert (ob das der neue Freund auch erkennen würde??? Er findet auch ein durchgebratenes Rinderfilet als "Prima"), reichte dieser Gruß aus, uns gespannt auf Weiteres zu machen. Eine schöne Säure, gepaart mit Schärfe aus dem Curry, sehr angenehm auf der Zunge. So kann es weiter gehen.

Die sehr flotten Servierdamen hatten uns zwischendurch mitgeteilt, dass es keine größeren Gläser als 0,2 Liter gab. Was im Verlauf des Abends dazu führte, dass FrauDSL erstmals in den 15 Jahren unseres Zusammenlebens drei Spezi vernichtet hat.

Weiter ging es mit der Vorspeise. Gebratenes Steinbuttfilet an Fettucine, mit Champagnerschaum, parfümiert von Salbei und Limone, auf Carpaccio. Mittlerweile ein Standard in der gehobenen Küche, mangelt es leider doch oft am Können. Hier und an diesem Abend nicht - die Vorspeise war hervorragend.

Der erste Bissen jedoch - ein Schock. Dummerweise hatte ich nur vom Fisch genascht, dieser für sich allein genossen, war recht salzig. Zusammen mit dem Champagnerschaum und den Fettucine mit Sepia - ein Gaumenschmauß. Sehr rund im Geschmack, ausgewogen, hoher Suchtfaktor. Nur das Carpaccio konnte bei der Aromenfülle nicht mithalten. Vielleicht wäre eine kleine klassische Marinade für das Fleisch anzudenken. Ach, was solls, das Essen war bis dahin ein Gedicht.

Der Zwischengang wurde von einem Feldsalat gebildet. Modesalat hin und Klassiker her; der Feldsalat in jeder Form der Darreichung ist mein erklärter Salatliebling.
Die Küche konnte (zum Glück) nicht widerstehen, und hat den Feldsalat mit etwas Gänseleberterrine aufgepeppt. Die genaue Bezeichnung: Feldsalatbouquet umhüllt von Kartoffelvinaigrette an Lokals Gänse-Leber-Terrine. Hier war der einzige schwierige Punkt für FrauDSL - Leberterrine in jeder Form ist ihr zuwider. Nach dem ersten Bissen hoffte ich, dass ich die Portion heimlich zugeschoben bekäme. Auch wenn FrauDSL es nicht zugegeben hat, die Terrine war wohl nach ihrem Geschmack. Begründung: wäre es anders gewesen, hätte ich ein unsägliches Gemaule anhören müssen, wie ich sie denn dazu überreden konnte. Der Feldsalat mit Speckcroutons war eher Standard, die Kartoffelvinaigrette fast zu mild. Der Kracher auf dem Teller kam mit dem ersten Bissen Leberterrine. Hervorragend gewürzt, toll abgestimmte Aromen, im Zusammenspiel mit dem Spiegel (Wibergs Balsamico mit Johannisbeere?) Sterneverdächtig, die gerösteten Brotecken als Abrundung genau passend. Dumm nur, dass in Menüs die Portionen immer recht überschaubar sind.

Das Highlight kam dann in Form von profanem Schwein an den Tisch. Das erste Mal in meiner langen Laufbahn als guter Esser wusste ich beim mich umschmeichelnden Geruch der Reduktion, dass ich diesen Gang lieben werden.

Zuerst liest sich "Zwei Medaillons vom Schweinefilet, auf Spätburgunder-Rotwein-Schaum mit Estragon, dazu Princessbohnen und Pommes Gratin" wenig aufregend. Und Heinz Horrmann würde sicher das verfehlte Thema (die Sauce war kein Schaum) kritisieren - was mir aber sowas von egal war.

Das Fleisch auf den Punkt Punkt Punkt gegart, dass ich es nicht ausdrücken kann. Weich, saftig, leicht rosa, eine Freude schon beim zerlegen (nicht durchgebraten, Udo!). Die Sauce machte mich sprachlos. Bitte lieber Küchenchef, wenn Sie dieses hier jemals lesen sollten - für das Rezept würde ich so manchen Blödsinn veranstalten. Kurz: die beste Sauce, die ich jemals in den letzten vier Jahrzehnten auf einem Teller hatte. Wäre ein Liter dieser Beilage dabei gewesen - ich hätte ihn ohne mit der Wimper zu zucken getrunken. Die Bohnen hatten eher die Aufgabe einer netten Randerscheinung. In den meisten anderen Lokalen hätte man diese als "Spitze" tituliert, neben einer solchen Fleisch-Sauce-Komposition konnten diese unfairerweise nur verlieren.

Das Pommes Gratin mit einer leichten Mariande, mit Knoblauch aromatisiert und von Käse als Topping verdeckt, war dies die Sahnehaube auf diesem Gang.

Mit einem leichten Völlgefühl - die Gänge kamen leider sehr schnell nacheinander - freuten wir uns auf das Dessert.
"Ausflug in unsere Patisserie" wurde hier tituliert. Zabaione, sowie Iran-Pistazien-Delicé, an Trio von Joghurt, Schokolade und Beeren-Confit steckte dahinter. Mein absoluter Favorit: rechts außen im Bild die Joghurt-Schoko-Masse. Auch auf die Gefahr der Magenüberdehnung, ein Eimerchen davon wäre schon noch recht gut gewesen.

Abschließend bleibt uns nur zu bemerken, dass in diesem Haus ein rundes und stimmiges Bild geboten wird. Von der Außenfassade über die sauberen sanitären Anlagen, die hervorragenden Servicedamen und einer Küche, die wir nicht zu träumen gewagt haben. Jedem Messebesucher in Köln sei nunmehr dazu geraten, sich dieses Restaurant anzusehen. Aber - und auch darauf müssen wir der Vollständigkeit halber hinweisen - stecken Sie den großen Geldbeutel ein. In unsere Fall haben die zwei Menüs inclusive der sechs alkoholfreien Getränke die Hotelrechnung für zwei Tage locker geschlagen. Und wissen Sie was? Jeder Cent war sehr gut dafür ausgegeben - und der Neue hat genug Moos, der kann sich das leisten! Ist das nicht schön für Marlies?

Ach ja, das Geld. Um dem Gast die Rechnung etwas zu versüßen, wird zum Abschluß noch ein kleines Getränk gereicht. In unserem Fall ein Orangensaft auf Grenadine. Also, Udo, wenn Du Marlies an diesem Abend dann noch immer nicht weich gekocht und bettreif geschossen hast, dann weißt Du, wie es mir ging. Viel Glück? Kaum...

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