Wenn man genug Zeit hat, über sein Leben zu sinnieren, kommt einem über kurz oder lang auch der Gedanke, was einem im Leben überhaupt etwas bedeutet. Was im Umkehrschluss dazu führt: Was ist mir egal?
Den Umkehrschluss hier auszuführen - das würde den Speicherrahmen von "Blogger" sprengen. Also geht es an die wenigen Dinge, deren Verlust mich in meinem Leben irgendwie berührt hat.
Erst einmal der Tod meines Vaters. Am Anfang war dies alles nicht so real, er war immerhin schon vier Jahre nur noch sporadisch in meinem Leben integriert. Klingt vielleicht kalt, aber die räumliche Trennung und die Vorkommnisse, welche zu dieser letztendlich geführt haben, haben das ihre dazu beigetragen. Langsam schleicht sich aber in mein Bewusstsein ein, dass er nun nie wieder auch nur ansatzweise ein Teil meines aktiven Lebens sein wird. Ein Haufen Staub in einer Stele auf einem Friedhof. Nur noch ein Symbol des Vergangenen, dehydriert, Kohlenstoff. Im Gedächtnis hängen bleiben neben ein paar schönen und ein paar weniger schönen Erinnerungen vor allem zwei Worte. Diese hat er mir vor langer Zeit und unter Unbeweglichkeit im Bett liegend zugeflüstert. Jede Faser von mir hat es getroffen, als er DIESE zwei Worte sagte; zu einer Zeit, als er eigentlich schon nicht mehr sprechen konnte. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie viel Kraft es ihn gekostet haben muss, diese paar Silben zu sprechen. Umso schlimmer, dass ich diese nicht ausführen konnte. Durfte.
Ein weiterer Verlust ist - so komisch es vielleicht klingen mag - die Abholzung zweier Magnolienbäume am Coburger Hofbrauhaus. Diese standen dort seit weit vor der Zeit meiner Geburt und haben mich in jedem Jahr wieder aufs neue fasziniert. Diese groben, großen und doch filigranen und sensiblen Blüten. Manchmal, auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, bin ich abgebogen, habe mich ein paar Minuten auf die Mauer vor diese Riesen gesetzt und einfach nur still den vorbeifließenden Verkehr beobachtet. Irgendwann waren diese Gewächse einfach verschwunden, Wochen später eine sterile Grünfläche entstanden. Ohne Seele, für mich ohne Geschichte.
Häuser zu verkaufen, Geschäfte aufzugeben, das Leben komplett wandeln müssen, die Krankheit hinzunehen, all das hat keine Bedeutung. Wie heißt es so schön: "Am Ende ist es doch nur Geld". Weg ist weg. Ich habe es genutzt, als es da war.
Die Frau, die ich einmal für die Liebe meines Lebens hielt; auch hier verblassen die Erinnerungen. Schlechte Gedanken gab es sowieso nicht, jetzt lassen auch die guten Dinge in ihrer Kraft nach. Erst kürzlich musste ich sogar überlegen, in welchem Jahr ich verlassen wurde. Mit einer absurden Eselsbrücke habe ich dann wieder zum Datum gefunden. Nüchtern betrachtet war es eine Episode, die einfach abgelaufen ist. Vermissen? Wenn ich tief in mich hineinhöre, dann ist dies nicht mehr der Fall.
Dagegen vermisse ich die Abende, die ich im Biergarten verbringen konnte. Die Sonne auf der Haut, die Möglichkeit zu kochen und vorher die Dinge einzukaufen, nicht einfach nur Einkaufszettel schreiben zu müssen. Meine Unabhängigkeit, die mir scheinbar niemand mehr geben kann. Naja, können schon, aber nicht will.
Ich vermisse nicht mehr den Kontakt zum Kunden. Anfangs war es schwierig, aber autark von Umsatzzwängen zu sein, nicht mehr jedem Deppen den Arsch abwischen zu müssen (Entschuldigung, aber gerade in größeren Betrieben wurde das oft von den kleinsten Lichtern gefordert, dazu einmal mehr später), ist nichts, was erstrebenswert ist. Der Stress, die Einbuße an Lebensqualität, nur um den Lebensstandard zu halten oder im Idealfall gar zu steigern - das ist es nicht wert. Somit vermisse ich das auch nicht. Die Zweifel, ob ich richtig entschieden habe und den Fortbestand der Firma gesichert habe und somit die Arbeitsplätze - auch das ist nicht auf der Liste der Vermissten.
Eigentlich bleibt nur zu sagen, dass die Dinge fehlen, die kein Geld kosten und direkt mit der Seele und nichts mit dem Geldbeutel zu tun haben.
So, eigentlich bin ich ja heute nur hierher gekommen, um - auch Dir; einer meiner 'Sternschnuppen nachranggestellter Beliebtheit, trotz eher vorne drann' - eine mittlere Ohrfeige zu verpassen indem ich Dir sage: ist mir wurscht, ob und wie Du MICH magst; mir umgekehrt zu verbieten Dich zu moegen, kannst Du (KSD) nicht !
AntwortenLöschenHierbei fand ich diesen Post ... und lausche andaechtigst: sooo verschieden scheinen wir gar nicht voneinander zu sein!
In diesem Sinne: seeya,
G.
(ist egal, ob Du's durchstellst oder nicht; Dir ueberlassen. Evtl.
Tiraden werde ich sowieso nicht mehr lesen... )