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Sonderverkauf bei IKEA

Wochenlang war es ruhig um IKEA. Zu ruhig, als da nicht etwas kommen müsste. Und es kam.

Wie immer begann es mit dem Satz: „Schaaaahaaatz, woll´ ´mer zu IKEEHAA?“ Was für eine Frage. Natürlich..... nicht! Bevor ich also meine leicht gefällte Entscheidung kund tue, überlege ich es mir noch einmal reiflich. Abzuwägen ist zwischen einem einzigen Tag in der Ehemannhölle und wochenlangen Vorwürfen, dass man jetzt dieses oder jenes tun könnte, wäre man denn bei IKEA gewesen. Die Männer unter uns wissen sicher längst, was ich entgegen meinem bessern Wissen sage: „Ja, lass uns fahren.....“. Das Gesicht wird dabei möglichst entspannt gehalten, um nicht zu verraten, wie sehr es mir zuwider ist, jetzt, am letzten Ferienwochenende, zu IKEA zu müssen.


Ist es Ihnen schon einmal aufgefallen, dass IKEAs meist an Verkehrsknotenpunkten liegen? Und als Familie fährt man ja früh los, damit die Kinder nicht in der Sonne im Auto sitzen. Außerdem sind die Kinder am Ausschlafwochenende sowieso schon um fünf in der Früh wach. Und heimwärts versperrt der Stau an der Auffahrt die frühe Heimreise. Geschickt eingefädelt, dann bleiben wir halt in der Kantine. Lachs in penetranter Kräuterhülle mit Stangenbohnen und Trockentomaten. Wirklich wahr, ich habe es versucht. Eine wahre Explosion an Geschmacksrichtungen im Mund. Leider passt keine zur Anderen.


Soweit sind wir aber noch nicht. Wir müssen erst zum Auto. Hier liegt die Chance. Wir Männer können die Abfahrt nicht verhindern, aber verzögern. Sagen denn die Frauen nicht immer, dass wir Männer uns doch noch mehr pflegen sollen? Genau heute ist es an der Zeit, damit endlich anzufangen. Oder es zumindest zu versuchen. Als Erstes muss die Zahnbürste ausgetauscht werden, schließlich wurde in dieser Woche auf irgend einem Kanal gesagt, dass die bakteriell gesehen wahre Schlachtfelder sind. Und die Zahncreme (die auch noch zu suchen ist, ist ja immerhin mit der verseuchten Bürste in Kontakt gekommen!) will auch ausgetauscht werden. Prima, fünf Minuten sind schon rum. Fast hätte ich – wie sonst immer – den Bart schon mit Rasierschaum eingeweicht. Gerade noch verhindert. Das letzte Stückchen Zahnbelag wird zum fünften Mal gereinigt, als auch schon der erste böse Blick der Holden trifft. Jetzt nur nicht grinsen, das könnte das ganze Unternehmen gefährden. Erst einmal mit dem Langhaarschneider die Facon des Bartes trimmen – kein Haar darf denken, dass es Sonderrechte hat. Nach nicht einmal weiteren fünf Minuten gefällt die Form, es darf geschäumt werden. Kaum ist die Einweichzeit herum, muss auch schon die Klinge am Nassrasierer gewechselt werden. Wo, zur Hölle, sind denn die verfluchten Klingen? Ach da sind sie ja..... Nach der doch aufwändiger als gedachten Rasur wird der restliche Schaum entfernt, bevor es unter die Dusche geht. Hoffentlich bekomme ich im Himmel nicht die Quittung für meine heutige Wasserorgie. Was riskiert man nicht alles für ein paar Minuten Galgenfrist? Frauchen quengelt und wird leicht unwirsch. Jetzt heißt es aufpassen, um den Bogen nicht zu überspannen und aufzufliegen.


Körper eincremen ist ja wohl noch erlaubt, oder? Zum Glück habe ich meinen Körper in den letzten Jahren Beziehung auf ein stattliches Maß gebracht. Und eine große Oberfläche benötigt eine entsprechend lange Zeit für die Pflege. Logisch, nicht wahr? Mal schauen, um neun ging es in das Bad, jetzt ist es fast zehn Uhr. Wir liegen gut in der Zeit. Hmmmm. Zeit; wäre es nicht an der selbigen, heute eine besonderen Modegeschmack zu entwickeln? Die Strategie: anziehen, was überhaupt nicht zusammen passt. Und wenn dann unweigerlich das Veto folgt, das Ganze noch einmal von vorne. Die alte Hose, die Frauchen schon vor Monaten in die Kleidersammlung geben wollte, kommt heute noch einmal zu Ehren. Dazu das Hemd, dass die Expansion der letzten Jahre nicht mitgemacht hat und leicht in Ehren ergraut ist. Und die Schuhe, die sie noch nie mochte. Sind aber bequem. Das Outfit MUSS anstossen! „Schatz, ich finde heute nichts zum anziehen. Meinst du, das geht?“, frage ich. Gott, freue ich mich auf ihr Gesicht. Und den Kommentar. Und erst auf die Worte, mit denen sie mich zum umziehen schicken wird. Ein kurzer Blick von ihr, erst kein Kommentar. Es scheint zu wirken. Und dann das Unfassbare.....! „Ne, geht schon. Für IKEA reicht es....!“ Kein bisschen Spott oder Ironie im Ton. Sie ist gut. Sehr gut. Oder war ich noch zu dezent?


Der Schlüssel für das Auto wird gesucht, was komisch ist, denn ich lege ihn seit Jahren immer an den gleichen Platz..... Nach langen Minuten finde ich ihn im Badezimmer. Keine Ahnung, wie der da hin kommt. Ehrlich! Auf der Straße treffen wir den Nachbarn, der mir erst einen verwunderten und dann mitleidigen Blick zu wirft. Ahnt er, wohin es geht und welchen Zweck die Kleidung erfüllen soll, oder denkt er, ich finde das schick? Muss ihn wohl demnächst aufklären.


Im Auto fällt mir auf, dass der Tank knapp unter halb voll ist. Muss ich wohl tanken, denn die knapp 30 Liter reichen kaum für 110 km einfach. Bei 9 Liter Verbrauch wird das eng. Frauchen trägt es wie ein Mann, ich bin mir sicher, dass es in ihr brodelt. Fast habe ich Mitleid. Aber nur fast. An der Tanke kommt, was kommen muss; meine Lieblingszeitschrift ist nicht da. Die nette Kassiererin will im Lager schauen. Meiner Frau im Auto werfe ich einen fragenden Blick zu, so, als könne ich schließlich nichts dafür, dass die Kasse nicht mehr geht und die Kasseuse den Fehler erst suchen muss. Zum Glück bemerkt sie nicht, wie die Kassiererin beim Zurückkommen die Zeitung auf den Tresen legt. Ab ins Auto, Richtung Autobahn. Zwar ist nicht viel los auf der Schnellstraße, aber rasen muss man auch nicht. Ist ja Wochenende.


Mein Vorschlag, den italienischen Großhandel an der Strecke zu besuchen, will sie erst ablehnen. Ich sehe es an ihren Augen. Aber sie will spielen. „Gute Idee, das machen wir“. Abfahrt genommen, die Strecke gewählt, auf der in der Regel mehr los ist. Alles frei. Das kann nicht sein. Wehe ICH hätte es eilig, dann würden wir hier wieder lange Minuten stehen und auf die bescheidene Ampelschaltung schimpfen. Beim Italiener geht es schneller als erwartet: er hat Betriebsurlaub. Danke nochmals, ihr seid Freunde! Zurück über die Autobahn, die letzten Meter. Hurra, ein Stau! Laaaaange Minuten vergehen, die Abfahrt ist gesperrt, weil seit Jahren schon unheimlich ausgefahren. Fortuna hat doch ein Einsehen. Jetzt ist es kurz vor Zwölf, Zeit für ein Mittagessen. Dort gibt es dann Eingangs beschriebenen Lachs. Ein Hochgenuss für Geschmackskranke. Ich beneide nun die Kundin, die nach einer falsch gesetzten Spritze ein halbes Jahr langs absolut nichts geschmeckt hat außer sauer, salzig, süß, scharf. In Gedanken sehe ich, wie der ausführende Koch von der Lebensmittelpolizei wegen Verbrechen gegen den guten Geschmack abgeführt wird.


Erstmals seit Jahren gelüstet es mich nach einem Nachtisch. Und dann noch nach einem Kaffee. Ein Uhr ist es schon... Mausi wird nun doch sichtlich unruhig. Kurz nach Eins platzt es aus ihr heraus. Wenn ich nicht mitwolle, dann soll ich es doch sagen. Dann kann ich zu Hause bleiben. Aber, ich solle sie nicht für blöd halten. Tu ich nicht, ganz im Gegenteil. Würde ich sonst so einen Aufwand betreiben? Zumindest fällt heute die Möbelabteilung aus, die sie schon aus den Katalogabenden vor dem Kamin kennt. Nur die Kleinteile werden besucht. Was aber nicht heißt, dass es nicht auch fast drei Stunden dauert. Zeit, die Kunden zu studieren. Ich habe das Gefühl, die Kunden werden jünger, die Kundinnen hübscher. Oder ich älter und weniger wählerisch. Latzhosen bei schwangeren Frauen scheinen jedoch aus der Mode zu kommen. Ich sehe nur Hosen, die AUF dem Bauch sitzen wie bei alten Männern. Besonders lustig sind die Modelle, die wie Medizin- oder Basketbälle bedruckt sind. Fehlt nur der Druck „Obelix“.


Für das nächste Mal habe ich mir vorgenommen, eine Strichliste anzufertigen, auf der ich die „Made in China“ und „Made in Thailand“ und was weiss ich welche Mades noch, auflisten werde. Ich glaube, die Spalten für „Made in Germany“ oder überhaupt europäische Länder werde ich mir sparen. Komisch aber, dass ich noch nie einen Asiaten im IKEA gesehen habe. Wo es doch hier wie zu Hause sein muss.....


Kurz noch die obligatorische Schlange an der Kasse hinter uns gebracht, den Einkauf zum Wagen gebracht und dabei wie immer gestaunt, dass in jedem Jahr neue Studenten kommen, die die Einbauküche und das Wohnzimmer im Polo unterbringen wollen. Gibt es denn keine Internetseiten, die die armen Studenten davor warnen?


Wie dem auch sei, wir sitzen im Auto, es geht nach Hause. Frauchen sagt: „Schaaaahaaaatz......?“ Oh Gott..... „Schaaaahaaaatz, fahren wir zum Japaner?“ Ihre erste gute Idee an diesem Tag.

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