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Der Letzte seiner Art.

Gestern erhielt ich die Nachricht, dass der Letzte unserer Art die Brocken hinwirft.

Unserer Art? Die der Pappen-Zulieferer für die Polstermöbelindustrie.
Als ich meine Lehre im Jahr 1985 begann, waren wir noch gut zehn Zulieferer. Die Branche der Polstermöbelhersteller boomte, die Zulieferer wie die Gestellbauer, die Federnlieferanten, die, die die Pappen für die Stabilität der Gestelle lieferten . alle waren wir hier in Oberfranken konzentriert und das Zentrum einer Handwerksleistung, die sich auf Qualität gegründet hat.

Nach und nach seit Anfang 2000 sind wir von der Oberfläche verschwunden. Handwerkliche Betriebe mit einem nicht unerheblichen Wissen um die Verarbeitung von Pappen. Nicht Wellpappen, wie sie für Wellpappe-Kartons verarbeitet werden - Vollpappen. Bis zu 4 mm Stärke, je nach Einsatzgebiet. Hier mal ein kleiner Einblick in das Standardwissen KLIXTU.

Alles wird bald vergessen sein. Die richtigen Laufrichtungen, um die starre Pappe biegen zu können, ohne sie zu brechen. Die Berstdrücke, die für die Verwendung an Polstermöbeln wichtig sind. All das Fachwissen um die nötige Beschaffenheit, die technische Ausrüstung und um die richtigen Maschinen für die Verarbeitung.

Es ist nun also bei uns in der Branche so, wie es in vielen anderen Branchen auch schon war und ist: Es ist vorbei. Wir mit unserem Berufszweig werden nicht mehr gebraucht, unser Wissen und unsere Fertigkeiten werden abgelöst. Tütenwurf, Knalleffekt, Zugkraft. Mit uns wird unsere Tradition sterben. Ich bin im April zehn Jahre aus dem Geschäft, auch meine Erinnerungen verblassen. Nicht nur die schlechten, auch die guten weichen zurück.




Kommentare

  1. Bin leider erst heute über diesen Post von Dir gestolpert. Ja, das sind nun mal die Zeichen der Zeit. Auch in meiner Branche hat schon vor Jahren das große Sterben angefangen. Wir waren Drogerie und zwar eine richtige, nicht so was das sich heute Drogerie schimpft und mit nicht ausgebildeten Regalauffüllern daher kommt.

    Wir konnten unsere Kunden noch beraten weil eine mindestens 3 jährige Ausbildung Pflicht war. Unser Warensortiment war so vielseitig, dass sich ein umfassendes Allgemeinwissen zwangsläufig ergeben musste. Neben den Drogen (daher der Name Drogerie) darunter versteht man allerdings Kräuter und Pflanzenteile, führte eine Drogerie frei verkäufliche Arzneimittel, Chemikalien (auch Gifte!), Lösungsmitte, Farben und Lacke, Kindernahrung und –Pflege, Kosmetik, Körperpflege, Hygieneartikel, Fotogeräte und Arbeiten (wir hatten sogar ein eigenes Labor) usw., usw.. Weitere Infos sind hier zu finden:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Drogerie (Geschichte!)

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  2. Hans, es ging Euch so wie uns - die Kunden sterben weg. Wenn in einem guten halben Jahr 80 % der Kunden wegbrechen, davon gut 60 % in den letzten zwei Monaten, dann ist es an der Zeit, den Stecker zu ziehen. Das wissen wird nicht verschwinden, es wird in den elektronischen Gedächtnissen verbleiben. Nur interessieren wird sich niemand mehr dafür. Was soll´s, vorbei ist vorbei.

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