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Irgendwie wird der Ton auf den Straßen rauher.

Der Scheibenwischermann
Herbstzeit 2016. Red und ich fahren über die Lande, das Ziel ist ein Einkaufsmarkt im benachbarten Thüringen. Das idyllische Sonneberg umfahren wir dieses Mal nicht, wir nehmen die alte Ortsdurchführung. Über zwei Kreisel geht es hinweg, um zur Bundesstraße zu kommen. Am ersten Kreisel fällt mir ein Auto auf, welches den Blinker bei der Einfahrt nach links(?) setzt und diesen beibehält, bis es hinter mir, nun rechtsblinkend, in Richtung zweitem Kreisel folgt.
Während er in Schlangenlinien hinter mir herfährt. Zwei Versuche, einen Überholvorgang zu starten, wobei ich schon gut 5 km/h über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit liege. Daran, dass ich zu langsam fahre, kann es nicht liegen. Auch wenn der Tacho etwas voreilt, im Netto liege ich in etwa richtig.

Bei der Abbiegung zur B89 steht eine Ampelanlage, eine wirklich gute Erfindung aus den alten Tagen der DDR ist daran befestigt: Der Grüne Pfeil. Prima Sache, wird nur leider oft als "fahrensemaldurch wirdschonnixkommen dasmachenwirhierimmerso"-Zeichen missbraucht. Klare Regelung: Bei "rot" wird angehalten, geschaut, dass die Einfahrt ohne Behinderung des eigentlich bevorrechtigten Verkehrs möglich ist und dann mit Vorsicht auch vollzogen. Wie dem auch sei, meinem Hintermann missfällt, dass ich keinen Rotlichtverstoß riskieren will und zeigt mir das deutlich an, in dem er wild gestikuliert, laut flucht (der "West-Trottel!" war bis nach vorne deutlich zu hören. Und als Krönung das ganze mit einem Scheibenwischer und dem zeigen des Vogels untermalt.

Wer mich näher kennt, der weiß, dass ich Dummheiten und Fahrfehler Anderer eigentlich locker und meist mit einem Lächeln hinnehme. Jeder macht Fehler, auch ich.

Was ich aber nicht abkann, dass sind zwei Dinge im Straßenverkehr: Alkohol und Pöbeleien. Ich fahre also auf die Bundesstraße ein und bleibe an einer kleinen Ausbuchtung stehen, habe vorher per Hand das Zeichen gemacht, er möge doch anhalten. Macht er, was mich eigentlich verwundert. Der nachfolgende Disput hatte leider den Nebeneffekt, dass ich nicht nur eine Entschuldigung bekam, sondern auch den, dass Red zitternd auf dem Beifahrersitz saß. Erstmals in den Jahren unseres Zusammenseins hat sie mich nicht nachsichtig, sondern recht resolut gesehen. Und unter uns - hätte der Typ sich nicht entschuldigt, ich wäre an diesem Tag bereit gewesen, die Polizei zu holen. Ich hoffe, dass er künftig etwas besonnener agiert.

Vorwürfe habe ich mir danach trotzdem gemacht. Was, wenn er nun doch Alkohol getrunken hat und ich die Chance gehabt hätte, einen -imaginären- Unfall zu verhüten. Ich glaube, das nächste Mal würde ich dann doch die Polizei vor Ort bitten. Man lernt dazu.

Der Rüpeljüngling 
Sonniger Nachmittag, der Verkehr ist ruhig, auf 70 km/h begrenzt, der Tempomat ist auf der zweispurigen Fahrbahn gesetzt. Warum stressen? Ich nutze die rechte Fahrbahn, ein Auto ca. 100 m vor mir auf meiner Spur, etwa gleiche Geschwindigkeit. Links vor mir ein weiteres Fahrzeug, auch mit ungefähr gleicher Geschwindigkeit, aber 20 m voraus.  Autofahreridylle. Wäre da nicht von hinten ein fehlfarbigtürkiser Opel Corsa mit dem Kennzeichen CO-..21* herangerast gekommen. Also nicht einfach nur schneller im Rahmen auf einer zweispurigen Bundesstraße mit Mittelleitplanke. RICHTIG schnell. Fährt auf mich auch und Blinkt rechts, gut 500 m vor der Ausfahrt, die da kommen wird. Lichthupe, Zeichen, ich solle mich vom Acker machen. Nur - wohin? ICH bin ja schon rechts. Gerade als es mir zu blöd wir und ich nach links ziehen will, um die rechte Bahn freizugeben (soll er doch rechts außerorts überholen), zieht er rechts blinkend(!) auf die Linke Spur. Um das gleiche Spiel mit dem Fahrer des Autos auf der linken Seite zu spielen. Auffahren bis auf knapp einen Meter, hupen und Lichthupe. Der Fahrer ist von hinten kaum zu sehen, die Coburger haben dafür einen Ausdruck: Krischperla. Nachdem der linke vordere Fahrer wohl langsamer wurde, ist die Lücke zwischen dem Vornelinks und mir auf geschätzte 15 m zusammengeschmolzen. Auch, weil der verunsicherte Fahrer etwas gebremst hat. Noch ehe ich die Geschwindigkeit anpassen kann, zieht der Irre nach rechts. Linksblinkend, etwa drei, vier Meter vor mir. Was macht man in solch einer Situation? Ich bremse. Aber nicht, ohne die Hupe zu betätigen. Für mich wäre die Sache damit gegessen gewesen. Sprich: vergessen. Aber, der Jüngling tritt ordentlich in die Bremse, nicht ohne dabei den rechten Mittelfinger zwischen den Kopfstützen aufblitzen zu lassen. 
DAS hätte ich dann doch gerne erklärt bekommen. Zeit habe ich, biege also in die Ausfahrt, die der Jünglich mit einem selbstmörderischen Haken gerade noch schafft, mit ab. 50 km/h, er entfernt sich schnell, mit einem weiteren Haken nach rechts geht es an die "Gaudlitzkreuzung". Dabei nimmt er einem weiteren Fahrer, der von links auf der Vorfahrtsstraße kommt, die Vorfahrt. Bekommt einen weiteren Huper, der Fahrer wieder den Mittelfinger. An der Ampel stehe ich hinter im. Dem Jüngling. Wieder fällt mir die absurd hässliche Farbe auf und die schlumpfenähnliche Mütze des Fahrers, auch die sehr dünnen Ärmchen. Der Ärger ist verflogen, mir geht es nur um die Feststellung, ob er sich seines Tuns bewusst war. Abbiegen, Callenberger Straße, er entfernt sich, obwohl mein Fahrzeug von der Leistung weit überlegen wäre, immens. Für mich ist bei ca. 50 km/h Schluss, der Opelaner sieht das anders. Durch die offenen Fenster höre ich noch in gut 200 m Entfernung die Musik. Oder eben dem, was man Musik auch nennt. An weiteren Ampeln und Kreuzungen wiederholt sich das Spiel, Vorfahrtnahme, einmal sogar bei rot drüber - kriminell, diese Fahrweise. Und wieder habe ich Glück, kann an der nächsten roten Ampel wieder aufholen. Es geht kreuz und quer durch Wohngebiete, ich schätze, dass er teils 80 km/h schafft, auch Passanten schauen sich nach ihm um. Gut eine viertel Stunde muss ich investieren, bis der Fahrer einen Parkplatz vor dem Anwesen in der Blumenstraße 3 findet. Einbahnstraße, von hinten kommt nichts, ist eine ruhige Nebenstraße. Ich ware also, bis der Fahrer aussteigt, stehe auf der Höhe seiner Fahrertür, beim Fenster schließen sieht er mir in die Augen. Trotz Sicherheitsabstand sehe ich, dass die Augen recht weit offen sind, die Bewegungen verzögert wirken. "Was willst Du?" ist seine Frage. "Ich hätte gerne gewusst, was das mit dem Mittelfinger sollte." - "Was geht´s Dich an? Wennste mich net reinlässt in die Ausfahrt...!" "Ich hab das aber anders erlebt." - und seine Perle mit den Regenbogenfarbigen Haaren, den bunten Leggins unter dem Röckchen und Doc Martens an den Füßen schleicht sich mit einem Blick zu Boden davon. Er, der Jüngling, ist sehr mager. Vielleicht 165 cm groß, hat eine Mütze bis kurz über die Augen gezogen, die Ohren haben Tunnel, das ist das Einzige, was neben einem nachthemdlangen Shirt und den dreckigen Turnschuhen auffällt. Ich erwiedere darauf: "Junge, Dich merke ich mir, das nächste Mal bekommst Du Post vom Staat." Im fällt nur eine Beleidigung ein: "Verpiss´ Dich, Drecksack!". Leider bin ich da schon angefahren und habe hinter mir einen weiteren Passanten. Lange ringe ich mit mir, ob ich zur Polizei gehe, die quasi um´s Eck liegt. Ich entscheide mich dagegen, weil ich keinen Zeugen habe und sie zu Zweit waren. Meine Chancen? Sind den Aufwand nicht wert. Auch wenn es in mir arbeitet und nagt. Warum kommt so ein Typ durch, der augenscheinlich Drogen konsumiert und fährt wie ein Selbstmörder? Egoistisch und allgemeingefährdend? 

Der Bier schleppende Fußgänger. 
Montag, der 07.08.2017. Ein schöner Nachmittag, ich muss nochmals los, um etwas zu besorgen. Stadteinwärts muss ich über einen Hügel, welcher in meine Wohnhausrichtung auf 30 km/h begrenzt ist, stadteinwärts aber 50 km/h erlaubt. Ich fahre etwas langsamer, weil ein Stadtbus von links auf die Hauptstraße will, dabei weit in meine Fahrspur ragt. Ich kenne das, fahr dann schon immer langsamer. Ich habe Zeit, die Guten einen Fahrplan. Nach dem Bus sehe ich einen Rollerfahrer, der auch nicht übermäßig schnell ist und von rechts fährt ein Auto auf meine Fahrtrichtung (Marschberg) aus. Alles easy, genug Platz und Zeit für Alle. 
Und urplötzlich kommt links aus der Kükenthalstraße ein Typ mit Bierkasten in der Hand angerannt, setzt einen Fuß auf die Straße, sieht mich und kehrt um. Bei dieser Aktion musste der Roller fast anhalten, den hat der Alex B.** komplett übersehen. Wie ich an ihm vorbeifahre - habe die Fenster unten - ruft der "Du Arschloch!".

Gleich anhalten geht nicht, weil hinter mir ein Fahrzeug kommt, ein paar Meter weiter in der Von-Behring-Straße wende ich fahre die paar Meter zurück. Läuft Alex B. an der Melchior-Franck-Straße entlang. Ich halte an - er hält an. Ich frage höflich und ohne Aufregung (wundert mich selber) "Grüß Gott, was war das für ein Spruch?" "Welcher?" "Sie wissen schon...!" "Ha, wenn DU mir die Vorfahrt nimmst, mich net rüber lässt!!!" Ich bin baff, irgendwie habe ich das mit der Vorfahrt in der Schule und später in der Fahrschule anders gelernt. Naja, da hab ich nur nach dem Namen gefragt, zu mehr war ich nicht mehr imstande.  "Alex B." hat er gesagt. "Herr B., das nächste Mal fahre ich ein paar Häuser weiter, dann gibts Post vom Anwalt (Anmerkung: Ein paar Meter weiter wohnt mein ehemaliger Nachbar, seines Zeichens Rechtsanwalt). "Sachstne an schönnen Gruß, mit dem binnich scho Modderad gfahrn." Schlagfertig ist er ja. Und ich danke für den Hinweis darauf, dass ich NICHT zu diesem Anwalt gehen werde. Jedenfalls wohnt Herr B. in der Hausnummer XX***, verschwindet seelenruhig im Haus. . So ein abgerissener im Muskelshirt, Schnauzbart, dreckigen, abgeschnittenen Jeans und wenig Haaren.

So, dann dachte ich mir - genug ist genug, wenn die Klötze immer grober werden, dann müssen eben auch die Keile gröber werden. Nach dem Einkauf ging es dann schnurstracks nach Hause und an das Telefon. Die Nummer eine Verkehrsrechtsanwaltes herausgesucht, das Anliegen geschildert. Lustig - das Verfahren würde ohne Zeugen eingestellt werden. Und dann, wenn überhaupt von der Staatsanwaltschaft verfolgt, kann der Richter das niederlegen. Wenn doch vor Gericht gibt es 1 - 5 Tagessätze. Sollte der Mann also von Staatseinnahmen leben, dann wären das 10 - 25 Euro. Hurra... Gelernt: Wenn man arm ist, dann kann man andere Leute "Du Arschloch" ohne Konsequenzen nennen. Wieder mal eine verlorene Stunde.

Tja, und dann kam Post. Innen drin? Eine Dash-Cam. Wird dann nachher im Auto verbaut.  


* die Nummer habe ich hier vorliegen...
** Name bekannt.
***Hausnummer ist bekannt.

Kommentare

  1. Ja, und manchmal gibt's auch ausgleichende Gerechtigkeit.
    Letzte Woche: Ich ganz neues Auto, steiler Berg, ich verschalt mich, und fahr mal kurz langsamer als die erlaubten 50. So 40 etwa, vielleicht mal 20m. Hinter mir eine Opelfahrerin, die schier wies HB - Männchen im Auto rumsprang. Und aufgefahrn ist, als wollte sie mir den Kofferraum ausräumen. Na, dann kommt ne ganze Strecke 50, ehrlicherweise fahr ich da auch eher 55, aber in dem Moment grad aus Prinzip nicht. Dann kommt 30, die ich also auch eingehalten habe, und die Dame flippte und fluchte und fuchtelte herum. Endlich wurde die Straße breiter, und ich fuhr weiterhin schön rechts, wurde überholt, und dann stand einer mit Radarpistole. 200m weiter stand dann der Opel. Und zwei Polizisten Drumherum.
    War ein schöner Tag, irgendwie.

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    1. Taschakka. Stimmt. Oft wünscht man sich das :-) 1991 muss es gewesen sein, da hatte ich meinen Golf II. Ich war stolz, das erste eigene Auto - nagelneu. Obere Anlage in Coburg, da ist 30, weil eine Schule steht und es recht unübersichtlich zugeht. Mit meinen knackigen 21 Jahren fahre ich also die 30, weil ich wusste, dass da fast täglich geblitzt wird. Mit einer dieser mobilen Anlage, aus einem Busch heraus. Einheimische kannten diesen Blitzer. Hinter mir ein Benz der S-Klasse, älterer Herr, auch am fluchen und tun. Wie bei Dir: Überholt, ich denke mal - gute 60/65 km/h hatte der drauf. Dann habe ich erst ein Licht gesehen, dann weitere am Auto. An der Ampel am Kongresshaus habe ich zu ihm rüber gegrinst. Keine Reaktion. So schnell geht´s, leider nicht immer.

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