Direkt zum Hauptbereich

Heimatproduzenten - die Brauerei Scharpf in Heilgersdorf.

Scharpf, Heilgersdorf. Biertrinker im Landkreis werden bei diesen Worten still, fast andächtig.
Das dunkle, sehr, sehr süffige Bier war früher das Highlight auf jeder Party, die etwas auf sich gehalten hat. Wer brauchte schon Jever, Warsteiner oder wie all diese Modebiere in den späten 80ern und frühen 90ern hießen? Eben - niemand. Zumindest dann nicht, wenn man im Umkreis dieser Brauerei gewohnt hat. Und trotzdem war es nicht so einfach, an dieses Bier zu kommen. Nicht, weil es etwa den für mich unfassbaren Hype um die Biermixgetränke erfunden hat, sondern deshalb, weil diese Brauerei gemacht hat, was sie kann: tolles Bier brauen. Schon als Mofa-Fahrer, also um 1985 herum, nahmen wir den weiten Hin- und auch den Heimweg unter Last auf uns, um die Partyfässchen nach Hause zu bekommen. Leider nie genug, so blieb uns aber das Besondere erhalten. Und auch die Lust auf Wiederholung.

Auch heute noch wird dieses Bier nur an sehr wenigen Stellen in den Ausschank genommen, das "Hopfen und Malz" in Coburg ist einer dieser Orte. Gepaart mit hervorragendem Essen ein Hochgenuss.

Cut, 25 Jahre später. Die Partys sind abgeebbt, einem Essengehen gewichen. Da war doch noch was? Immer gut essen ist ja schön, leider gibt es aber in der Gastronomie in der Regel die üblichen Verdächtigen in Form von Bier aus Großbrauereien. Clever im Marketing, steht oft der gefällige Geschmack im Vordergrund. Die Biere haben ein austauschbares Gesicht bekommen, sollen der Masse schmecken, nicht dem Kunden vor Ort. Globalisierung war das Schlagwort, wenn auch viele Biere nicht aus Deutschland herauskommen.

Glücklicherweise ist ein Trend zu bemerken. Die Lokale emanzipieren sich von den Brauereien und den Verträgen, nur ein Bier einer Marke - was auch verständlich ist, schließlich wird oft im Gegenzug die Einrichtung überlassen - anzubieten. Kleine Lokale mit Spaß am Lebensmittel ergänzen ihre Karte mit Bieren aus der vielfältigen oberfränkischen Region. Unter Anderem auch aus Heilgersdorf,  mittels der Scharpf´schen Erzeugnissen.

Auf einer Hochzeit wurde mir dieser Geschmack in diesem Jahr wieder ins Gedächtnis gerufen. Sonst die Massenbrauerzeugnisse ablehnend, verlockte mich die Erinnerung dann doch. Und sofort waren die Erinnerungen wieder da. Dieser Geschmack, dieses weiche Bier mit einem markanten Geschmack. Kellerbier haben wir es immer genannt. Ungespundet. Rotdunkel. Genau zu unserer fränkischen Seele und unseren Spezialitäten der Region passend. Heimat. Glück.

Es war also an der Zeit, die Brauerei aufzusuchen. Von außen hat sich in den letzten drei Dekaden wenig getan. Was andernorts als Stillstand gilt, ist bei solchem Kleinod Gold wert. Und trotzdem hat die Moderne auch hier Einzug gehalten. Das Lokal ist modernisiert worden, nicht ohne Stilelemente zu verwenden, welche mir von Besuchen aus lange vergangener Zeit bekannt sind. Ein Biergarten ist auch entstanden, streng genommen eine Terrasse, denn es gibt keinen krummen Untergrund und auch keine Kastanien, die mit ihrem reichen Blattwerk einen Boden über einem Lagerkeller beschatten.

Beim Eintritt in das Lokal ist es wie früher. Ein Wirt, der den Kunden rauh aber nicht unhöflich begrüßt, gleich mit der klaren Ansage, dass es um diese Mittagszeit nur kleine Brotzeiten gibt, große Speisen nur abends. Mittags gibt es also die für Franken typische Landhauskarte. Sehr gut, kein Schickimicki, kein Schnickschnack. "Straight" würde das vielleicht neudeutsch genannt werden, die Seele wurde noch nicht für den schnöden Profit geopfert.

Und so haben wir uns dafür entschieden, ein Spezi zu uns zu nehmen und eines der le-gen-dä-ren Biere. Halt, so legendär nicht, denn der Braumeister wartet mit einer Neuigkeit auf: Gartenseidla. Wie der Name schon sagt: 0,5 Liter, also ein "Seidla". Nicht die Mikrogläser aus dem Norden (kicher...) oder die Maß aus dem Süden, bei der das Bier schal und unansehnlich wird. Bierkultur, das können wir Franken.

Das Gartenseidla hat 5,2 Vol%, schmeckt herrlich frisch und süffig, dumm nur, dass ich fahren muss. So braucht es eine Grundlage, auch "Brotzeit" genannt.

Wurst mit Musik.
Wo die Musik bei dieser Portion herkommt, das darf sich jeder gerne selber ausmalen. Meine Mutter hat mich an diesem Freitag auf unserer Einkaufstour begleitet, in unserer Familie ist sie als sehr mäkelig bekannt, nicht zu Unrecht. Und siehe da - sie war zufrieden. Fast eine Erhebung in den Sternestand. Naja, eben fast. Der Sud stimmig, die Zutaten frisch, eine ausreichende Portion zu einem Preis, bei dem die vielen Urlauber in der Region ungläubig nach einer versteckten Kamera suchen. Einziger Kritikpunkt: Das Brot ist eines der trockeneren Art. Was aber auch wieder dem Sud die Gelegenheit gibt, schön in das Brot überzuwechseln.

Strammer Max. 

Zwei Scheiben Graubrot, viel guter, geräucherter Schinken, zwei unten knusprige Eier mit flüssigem Dotter. Auch hier erledigt das Brot seine Aufgabe: Aufsaugen.

Wichtiger als die Speisen sind natürlich die im Ausschank befindlichen Biere. Hausgebraut, immer wieder trinkbar. Hauptsächlich das Märzen ist im Ausschank. Gebraut mit den Zutaten aus der Region, mit Ausnahme des Hopfens aus einem der größten Gebiete, der Hallertau. Zugute kommt dem Bier, dass auf eine gut 200jährige Erfahrung zurückgegriffen werden kann, das Brauhaus seit Generationen im Familienbesitz ist. Zwickel, Bock und Gartenseidla runden das Programm ab.

Wenn man schon einmal vor Ort ist, sollte man auch das Lager mit guten Artikeln bestücken. So wanderte bei unserem Besuch eine 2-Liter-Bügelverschlußflasche. Gerne auch "Maurerflasche" genannt. Gefüllt mit dem leckeren Märzenbier. Trotz der 5,2 Vol% ist es kein Bier, welches einfach nur besoffen macht. Selbst ich, als Wenigsttrinker, vertrage die Flasche auf einen Abend verteilt sehr gut, auch ohne dickem Schädel am nächsten Tag.
Zwei Liter perlende Freude.

Tja, was bleibt da noch übrig zu schreiben? Ich denke, die Bilder sprechen für sich selbst, meine Worte sollten abrunden, was zu sehen ist. Bleibt eigentlich nur noch Eines: Eine Empfehlung aussprechen. Und zwar vollumfänglich und umgehend! Besuchsbefehl. Aber vorsicht - die Wirte sind auch Franken. Nicht persönlich nehmen, die mögen ihre Gäste schon. Innerlich.

Die Adresse:

 SCHARPF HEILGERSDORF


BRAUEREI & GASTWIRTSCHAFT

Heilgersdorfer Hauptstraße 16 
96145 Seßlach / Heilgersdorf
 Telefon: 09569 / 1232 
Fax: 09569 / 188258 
Mail: info@scharpf-heilgerdorf.de 

Kommentare

  1. Bier, dunkles Bier.
    Jetzt schreibt der hier vom Bier, und ich hab keins hier!!!!!!


    Und keine Angst, ich komm mit den Franken gut klar.
    Wir sind nämlich ähnlich gestrickt!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Sachsen. Ja, die mit der komischen Sprache. Also gor ne weit wesch!!!!

      Löschen
    2. In Dresden waren wir im letzten Jahr. Ging eigentlich, sprachlich :-) Hab all das bekommen, was ich bestellt hatte ;-) Die Frau ist aus Thüringen. Dort habe ich manchmal Schwierigkeiten, alles gleich zu verstehen. Zum Glück gibt es ja noch den Kontext.

      Löschen
    3. Na ja, in Dresden wird halt regiert, in Leipzig wird gehandelt, und in Chemnitz wird und wurde gearbeitet. ;-)
      Ich komm halt daher, wo gearbeitet wird.

      Ja, die Thüringer sind manchmal schwer zu verstehn. Ich find die Hessen und die Rheinländer aber schlimmer.

      Löschen
    4. In Dresden war ich im letzten Jahr. Wird wiederholt, um mehr zu sehen. Leipzig war ich auch schon, sind wir im November. Chemnitz - bisher nicht. Lohnt denn ein Besuch? Arbeit ehrt. War schon immer so. Ein großes Maul haben kann jeder - ich auch.

      Naja, wenn die Hessen und Rheinländer schwer zu verstehen sind, dann sind hier die Dorfältesten der Bergdörfer die Könige derer. Aber, ich mag Dialekte, leider sterben diese aus. Coburger Mundart z. B., das können nur noch wenige.

      Löschen
    5. Klar lohnt sich das! Chemnitz wird halt etwas belächelt, und hat so einen negativen Touch, weil es halt eine Industriestadt war und ist. Wir haben durchaus sehr schöne Ecken und auch Problemstellen, wie jede Stadt eben....Aber so Sachen wie versteinerter Wald (na ja "Wäldchen", aber gibt es weltweit nur zweimal, sowas), Staatliches Archäologiemuseum, Industriemuseum, Gunzenhauser, Schloßberg, die Landschaft drumrum, Augustusburg und so, das ist schon sehenswert. Nicht zu vergessen, der "Nischel" (Karl-Marx-Kopf), wir hießen ja zeitweise mal Karl-Marx-Stadt. Wobei sich über letzteren seit 1989 heftigst gestritten wird. Ich find ihn beeindruckend durch die schiere Größe.
      Grundsätzlich ist es hier halt nicht so, das Du eine Sehenswürdigkeit an der anderen hast, wie in Dresden, ist ja auch klar, Dresden war und ist Regierungsstadt, und Chemnitz....na irgendwo muss ja dann auch die Kohle verdient werden, die in Dresden verbaut worden ist. ;-)
      Was die Sprache betrifft, fahr mal hier in die kleinen Dörfer im Erzgebirge, das denkst du im nächsten Dorf, du bist in einem anderen Land. Ähnlich ist das dann bei euch bestimmt auch, oder? ;-)

      Löschen
    6. So ähnlich ist das hier. Stimmt :) gut, Chemnitz kommt auf die Liste.

      Löschen
  2. Nur 36 Km das könnten wir mal zusammen machen - aber nur wenn Du unser Dialekt verstehst Rheinhessen
    wir können aber auch Hochdeutsch :-)) lg Angelika

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Habe erst kürzlich BW und auch Dresden und Leipzig überlebt. Das wird schon. Terminlich sind wir mit den WE´s im November O-O

      Löschen
  3. Hallo, schön wieder von dir zu lesen, gefällt mir dass du uns wieder an
    deinen kulinarischen Genüssen teilhaben lässt.
    Lg und einen sonngen Tag.
    Sadie

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke, leider fehlt mir die Zeit, um umfangreicher zu schreiben. Aber, das wird auch wieder. LG und auch Dir einen schönen Tag, Holger.

      Löschen
  4. aber nur wenn Du unser Dialekt verstehst Rheinhessen


    หนังตลก

    AntwortenLöschen
  5. In Dresden wird nicht regiert, sondern in Dresden wird es verprasst. Sagt einer aus C.
    Ansonsten: "Arbeit ehrt" ist Propaganda. Arbeit ist biblische Strafe. (Im Schweiße Deines Angesichts...)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. DAS verstehe ich jetzt nicht, wenn ich ehrlich bin. Kannste mal erklären?

      Löschen
    2. Am Tegernsee arbeitet kein Mensch, von Hausangestellten mal abgesehen. Denen muss man schon mal "Arbeit ehrt" zurufen, mindestens dreimal täglich, damits wirkt ;-)

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ragout Fin - der Convenience-Test

Mitte der 70er Jahre im 20. Jahrhundert war es ein Edel-Essen auf jeder besseren Party; Ragout Fin . Ich kann mich noch daran erinnern, wie meine Mutter diese -damals noch recht teuren- Blätterteigförmchen gekauft hat. Und drei Tage vorher wurde uns das Maul schon wässrig gemacht. Zumindest haben mich diese Teilchen auf Anhieb überzeugt. Eigentlich mehr der Inhalt, den ich auch Heute noch gerne esse. Zeit, einen Test zu veranstalten, nachdem in der letzten Zeit immer mehr dieser Convenience-Produkte auf den Markt kommen. Im Test befinden sich Aufwärm-Produkte von verschiedenen Discountern, teils auch Aktionsware wie das Produkt der Marke Sodergarden, hergestellt von Tulip . Zwar sind diese nicht immer zu bekommen, einen Geschmackstest kann man ja trotzdem machen. Natürlich völlig uneigennützig... Erwärmt werden die Produkte jeweils auf 60° Celsius, um eine Basis für die Vergleiche zu haben. Gemessen werden die Temperaturen mit einem Digitalthermometer, um eine Überhitzung und somit

Glaubenskrieg an der Bratwurstbude

Semmel, unbeschnitten Evangelisch oder katholisch? Für Coburger ist das wichtig. Ihr wollt uns Coburgern unsere Wurst verändern? Niemals! Nehmt unsere Veste, schändet alle unsere Jungfern . Egal, um Mitternacht machen wir den Deal - aber lasst unsere Wurst in Ruhe. Coburger Saftschinken? Gibt es nicht mehr. Bier aus Coburger Brauereien ? Verkauf an einen Konzern in Kulmbach. Aber was sich nun abspielt, das erschüttert die Coburger. Zur Erklärung: Semmeln (halbe Doppelbrötchen) werden in Franken entweder "evangelisch" oder "katholisch" aufgeschnitten. Was bedeutet: "evangelisch" ist ein Längsschnitt auf der Oberseite, "katholisch" ein Schnitt an der Längsseite. Und eine Bratwurst wird in Coburg IMMER unversehrt an den Kunden gegeben. Da wird nichts abgeschnitten, gedrückt oder gar zerlegt wie eine Currywurst. korrekte, einzig mögliche und denkbare Schnittlinie senkrecht nicht denkbare waagerechte Schnittlinie, für alle andere

90 Minuten Ruhe und Entspannung

Bild: Eingangsbereich zum Bad in Bad Staffelstein Piscina. Ich war überrascht, dass ich zu meinem Geburtstag einen Gutschein für einen Aufenthalt im Piscin a bekommen habe. Mir war der Begriff bis dato nur als kirchlicher bekannt, bezeichnend für das Handwaschbecken in Kirchen. Einfach zu Reinigung. Bild: Die Piscina Und die Assoziation war nicht einmal so falsch. In oben genannten Gutschein-Fall ist Piscina etwas erweitert zu sehen, und zwar als Becken, in welches man Wasser füllt - und eben wieder ablässt. Dieses Piscina befindet sich in dem der Klinik Bad Staffelstein angeschlossenen Bad. Unseres, wir hatten das mit der Nummer eins, wird durch eine Art Schleuse betreten, die gleichzeitig auch als Umkleideraum fungiert. Da diese nur durch einen einfachen Fallriegen zu verschließen ist, empfehlen wir, Wertsachen im Auto zu belassen. Die Piscina selbst ist komplett gefliest, helle, freundliche Farben, zwei Schalen mit Kerzen sorgen für eine gewisse Grundstimmung, eine eigene Dusche sow