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BP und BP

Da haben wir BP und BP. Die einen handeln mit britischem Petroleum, das andere BP mit Moral.
Die einen können es, das andere nicht. Aber beide verbindet etwas: beide haben das Vertrauen des Volkes verspielt, gelegentlich kommt man sich hinter das Licht geführt vor.

Bei den Derivatenhändlern erwartet man das nicht anders, da gehört das quasi zum guten Branchenton.

Bisher konnte die Bundesrepublik (nicht vergessen: res publica = öffentliche Sache) auf eine lange Reihe von ehrenwürdigen und honorigen Bundespräsidenten als ersten Menschen im Staat zurückblicken. Zwar ist der Eingriff des Bundespräsidenten in das tägliche Geschehen im Politikwesen nur marginal, umso höher ist der Stellenwert als mahndendes Gewissen des Volkes.

Und in der Regel sind sich die Bundespräsidenten ihres Amtes bewusst, gehen verantwortungsvoll damit um. Und manchmal - siehe Horst Köhler - treten diese eher den Rückzug an, als auch nur ein Staubkörnchen von Schaden auf das Amt kommen zu lassen. Bei Horst Köhler hat die Öffentlichkeit kaum verstanden, warum dieser vom Amt zurücktrat, wurde diessen Anlass doch eher als gering eingestuft. Und der BP Köhler hatte auch die Sympathie des Volkes. Ein BP, der sich auf die Hinterbeine stellte, sein Amt als Instanz zur Kontrolle der Politik und Gesetzgebung wahrnahm und nicht als Grüßonkel und Unterschriftenautomat gedient hat. Ergo: ein Bundespräsident, wie es sich das deutsche Volk wünscht und auch verdient hat. Und ein Sympathieträger.

Wir reden hier noch immer von einem Ehrenamt, welches mit einer Art "Schmerzensgeld" versehen ist. Dieses befindet sich in einer Höhe, die ein normaler Bürger nie erreichen wird mit seinem jährlichen Salär. Dazu gewisse Annehmlichkeiten, die auch über die Amtszeit hinaus gewährt werden. SO zumindest kommt es im Volk an. Natürlich ist jedes Amt mit Unannehmlichkeiten versehen, die aber vorher absehbar sind. Und doch ist der derzeitige BP in der Lage, seine Situation von "Täter" zum "Opfer" drehen zu wollen.

So blöd, wie das Volk vom Berufspolitiker erachtet wird, ist es aber nicht. Auch hier, im einfachen Volk, sind die Antennen auf Gerechtigkeit ausgelegt. Und der durchschnittliche Staatsbürger ist durchaus in der Lage, sich eine Meinung zu bilden. Besonders bei einem moralischen Amt ist es für mich und sicher auch 82 Millionen weitere Bürger in der BR Deutschland wichtig, dass diese Moral nicht nur im Amt, sondern auch im Privatleben eingehalten wird. Ist dies nicht mehr möglich oder nicht geschehen, dann muss die Person die Konsequenzen ziehen. Auch eine moralische Eigenschaft, die gerade Herrn Wulff zugeschrieben werden muss.

Vielleicht war es ein Fehler, einen erfahren Berufspolitiker der jüngeren, abgefeimteren Generation in das höchste Amt der Republik zu heben, vielleicht ist dieser Mensch zu sehr mit den Floskeln und Umschreibungen der Tatsachen vertraut. Vielleicht ist dieser derzeitige BP zu erfahren mit dem Tagesgeschäft der Hochpolitik.

Natürlich ist ihm kein gesetzliches Verbrechen vorzuwerfen. So weit hat er es nicht kommen lassen, so dumm, so gierig ist er nicht. "Nur" ein moralisches Vergehen bleibt hängen. Aber, genau dieses sollte doch auch und gerade in dieser Position vermieden werden. Und die Feinfühligkeit glänzt auch durch Abwesenheit, wenn doch schon die Diskussion in der Öffentlichkeit um die fraglichen Kredite während der Zeit als Ministerpräsident gärt. Dann noch - genau in dieser Zeit - einen weiteren verbilligten Anschlusskredit über eine in die Schlagzeilen geratene Bank zu verschaffen - setzt der Frechheit und der Missachtung des deutschen Volkes endgültig die Krone auf.

Die Moral und das Amt des Bundespräsidenten sind untrennbar. Der Versuch, sich in Haarspaltereien zu ergeben wird vom Volk erkannt. Die Vorbildfunktion des BP ist schon verbraucht, eine Schadensbegrenzung wäre dringend angeraten. Aber nur der BP selber kann in dieser Situation die Notbremse ziehen und das Vertrauen des Volkes in das Amt zurückgeben. Die Frage ist nur, ob die Opferrolle endlich aufgegeben wird und das weinerliche und weiche Verhalten zurücktritt hinter die Anforderungen, die das Amt stellt. Täglich und immer. Im Privaten wie im Dienstlichen. Der Bundespräsident mag über den drei Gewalten stehen, über dem Volk steht er nicht. Als Staatsdiener dient er dem Staat und der Staat ist nach wie vor der Souverän, also jeder einzelne Bürger.

Ein Bundespräsident, der aus der Reihe der selbstgegebenen Spielregeln ausscheert um seine eigenen finanziellen Vorteile zu sichern, hat die Chance, die oberste moralische Instanz darzustellen, verloren. Für mich gibt es nur eine Konsequenz. Aber, leider scheint diese nicht in Betracht gezogen zu werden. Schade, wieder eine Chance, die vergeben wird und das Amt weiter demontiert.

Kommentare

  1. Außerordentlich gut formuliert, wie ich finde!
    Außerdem kann man da nur zustimmen.

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  2. Dankeschön. Ich finde es beschämend, dass ein so hochgestellter Mann so an einem Amt klebt und dieses mehr als beschädigt. Noch befremdlicher finde ich, dass er heute zum Spielball der "BILD" wurde. Hat er denn nicht vorhersehen können, dass "BILD" da nochmals nachsetzt? Und er konnte nur verlieren, wenn er nicht zu 100 % ehrlich war. Die "BILD" hat nun erreicht, was sie wollte: der BP hat sich unmöglich gemacht. Die Redakteure wissen genau, dass er entweder das Telefonat freigibt (wobei noch immer nicht feststeht, ob der BP nicht doch die Wahrheit sagt...!) oder nicht. Und wie das nun wirkt - tja, zu kurz gedacht.

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  3. Ja, ich denke, es wäre doch abzusehen gewesen, dass die BILD ihm nun kaum Recht gibt und quasi zurückrudert. Natürlich bleiben die bei ihrer Darstellung und die widerspricht seiner nun mal grundlegend.
    Natürlich kann es sogar sein, dass er in diesem Punkt die Wahrheit sagt (wobei ich gestehen muss, dass es mir mittlerweile eher unwahrscheinlich vorkommt), aber er hat einfach zu lange gezögert, sich überhaupt zu äußern. Immer nur dann häppchenweise, wenn es eh nicht mehr anders ging und dann auch nicht stante pede.
    Wie du sagtest, all das demontiert ihn und sein Amt.
    (Und ich finde ja, mit dem Herrn zu Guttenberg hatte wir da schon so einen.)

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  4. Ich finde es fast schon faszinierend, wie sich ein Mann in dieser Position immer und immer wieder für die falsche Abzweigung entscheiden kann. Treffsicher haut der daneben, dass man fast denkt, seine Berater sind von der Konkurrenz finanziert :-)

    Guttenberg hat ebenso unter dem Verlust der Wahrnehmung seiner Person in der Öffentlichkeit gelitten, wie der BP. Vielleicht bräuchten solche Menschen auch Freunde, die ihnen ab und zu mal in den Hintern treten. Quasi als Erdung.

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  5. Ich glaube, die "Freunde" die diese Personen noch haben, werden ihnen eher in den selbigen kriechen, als hinein zu treten.
    Schon fast tragisch...

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  6. Ich denke auch, dass es ab der Gemeindeebene nur noch Speichellecker um einen herum gibt. Tragisch? Nein - selbstgewählt. Passiert halt, wenn die Realität verloren geht.

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  7. Trotz allem: Auch ein BP kann, verdammt nochmal, bei Freunden kostenlos übernachten. Der is nämlich auch ein Mensch wie Du und ich, und ich würd bei Freunden auch nix zahlen, wenn ich da übernachte. So.

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  8. brisy, darum geht es doch schon lange nicht mehr. Das kommt nur erschwerend hinzu. Klar, ist legal. Aber warum eiert er denn so rum und sagt nicht einfach klipp und klar, wie es war? Und auch die (versuchte) Beeinflussung der Medien durch den BP. Erstens ein eklatanter Verstoß gegen die Freiheit der Medien, zweitens moralisch verwerflich. Und warum gibt er nicht den Text der Mobilbox frei? Wenn er Angst vor den Betonungen hat, dann soll er doch die Schriftform authorisieren. So macht das alles den Eindruck, als wäre noch mehr dahinter, was zu verschleiern gilt.

    Sich dann als Opfer hinzustellen und zu sagen, er sei noch ein BP-Lehrling... Mein Gott, er wusste vorher, was da erwartet wird. Hat er wirklich die Realität so weit aus den Augen verloren, dass er nicht mehr mitbekommt, dass gerade von ihm ein moralischeres Verhalten als vom Rest seines Berufsstandes verlangt wird? KTzG hätte ihm eine Lehre sein müssen.

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  9. Zumal er ja politisch jetzt kein blutiger Anfänger war/ist.
    Und da steckt ja mittlerweile nun einiges hinter.
    Naja, das wird jetzt noch einige Zeit ein hin und her geben, denke ich.

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  10. Eigentlich ein unwürdiges Spiel. Hätte er gleich Mut bewiesen, wäre er sicher schadlos davon gekommen. Jetzt hat sich Springer auf ihn eingeschossen, und die lassen nicht locker. Die nutzen das ganz geschickt, ihn zu demontieren und sich als "Saubermänner" darzustellen. Die haben die Profis auf ihrer Seite, der BP hat nur "Amateure" bei sich im Präsidialamt.

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  11. Genau.

    Aber so läuft es doch meistens.
    Das ist im Grunde das selbe, wie im Kindesalter: Die Eltern (in diesem Falle die Bürger) sind bereit so einiges zu verzeihen, wenn man nur rechtzeitig ehrlich ist. Lügt man aber vorher, oder gibt immer nur Halbwahrheiten zu, gilt man eben als unehrlich und es gibt das große Donnerwetter.
    Auch Clinton wäre damals sicher verziehen worden, wäre er gleich zu Anfang ehrlich gewesen. Er hätte das Ganze runterspielen können, aber die Wahrheit sagen müssen und das er einen Fehler gemacht hat. Ich denke, ihm wäre verziehen worden.

    Und nun steht unser BP da und schweigt wieder, nachdem ihm die kleinen Halbwahrheiten die er dann doch geäußert hat, um die Ohren fliegen und diese als unwahr entlarvt werden.
    Und das ihm die Abschrift des Anrufs zugesandt wurde, damit er sich nicht rein auf sein Gedächtnis verlassen muss... im Grunde genommen ist das schon ein Lustig-machen über ihn. Ist das dem Amt des BPs würdig?

    Hach, naja.

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  12. Das sehe ich ebenso, Schadensbegrenzung wäre besser gewesen als Verschleierung.

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