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Theratag

Heute war es wieder soweit. Ein paar Seelentröster im BIOladen gekauft und damit wird versucht, Essen zu kochen, welches ich auch hinunter bekomme. Bilanz seit letztem Montag: 1 McDouble, eine Suppe beim Thailänder und eine Nr. 12. Hauptmahlzeit in Schärfestufe drei (auf ganz leeren Magen keine gute Idee), Glasnudeln mit irgendwas. Nach vier Gabeln ging es dann in die Keramikausstellung. Retour an den Tisch wieder leichter. Bisschen wenig für eine Woche, ich weiß. Aber, wenn ich doch nichts hinunterbekomme? Nicht mal Kaffee oder Kuchen reizen, so schlimm war es noch nie.

Das erzähle ich der Frau Thera, die heute wieder einen Termin mit mir hatte. Dass ich nicht Gefahr laufe zu verhungern, dass kann sie sehen. Ist auch in Ordnung, ich habe Vorgestern eine Flasche Bier getrunken, die noch im Kühlschrank gelagert hat. Ergebnis: recht billiger Vollrausch :-)

Ein wenig Geplänkel, dann berichte ich ihr, dass mit meiner Mutter seit letzter Woche Funkstille herrscht, obwohl wir im gleichen Haus wohnen. Dass ich endlich das mache, was Marlies immer von mir gefordert hat: mich endlich widersetzen. Nicht mehr ihre perfiden Spielchen akzeptiere. Sie darf mich nicht mehr herumstoßen und ausnutzen, nur weil ich der Sohn bin. Auch Dankbarkeit für das geschenkte Leben hat irgendwo eine Grenze. Warum ich nun so reagiere? Einfach, weil mir die letzten Tage und Wochen gezeigt haben, dass sie einen großen Anteil an meinen derzeitigen Lebensumständen hat. Ich habe Marlies´ Abschiedsbrief zuvor zum letzten Mal am 01. April gelesen. Da war ich noch nicht so weit wie heute. Letzten Mittwoch habe ich ihn mir nochmals vorgenommen, meine Sicht ist nun eine ganz andere. Ich kann sie viel besser verstehen, spüre fast körperlich, wie sehr es ihr weh getan haben muss, als sie mich hat siechen sehen. Sie, meine Mutter, ist ein Wesen, welches die Lebenskraft der nahen Menschen aussaugt. Die Psychofrau sieht das ähnlich, ich erzähle ihr, dass ich endlich verstanden habe, dass es besser gewesen wäre, das restliche irdische Gut auch noch zu verlieren, dafür mit Marlies wieder zusammen zu kommen. Ich bemerke nur noch, dass ich noch immer Angst hätte, dass es Marlies finanziell mit in die Tiefe reißen würde (gerissen hätte). Also theoretisch, denn das wird ja nichts mehr, das habe ich kapiert. Sie sagt, das wäre Blödsinn, denn sie kann sich die Wohnung doch auch ohne mich leisten, da hätte es auch zu zweit gereicht. Und ein paar Cent hätte ich doch irgendwoher zusteuern können. Naja, wenn ich hier ausgezogen wäre, dann wären es wirklich nur sehr wenige Cent gewesen. Ich soll endlich das Denken aufhören, dass ich Marlies schützen will. Erstens ist es in die Hose gegangen, zweitens ist es zu spät für M und drittens hat sie doch einen neuen Mann, der ihr "gefälligst" nun ein schönes Leben bieten soll.

Sie lobt mich aber auch dafür, dass ich nun schon so weit gekommen bin und meine Mutter als einen Hauptgrund für meine Lebensumstände ansehe. Ich habe mich jahrelang geweigert, die Gründe auch bei anderen Menschen zu suchen, habe mich dadurch selber unter Druck gesetzt. Ich wollte, nein, ich MUSSTE funktionieren. Keine Gefühle zeigen, bitteschön das machen, was die Umwelt erwartet. Zu spät habe ich erkannt, dass die weitere Umwelt an mir kein Interesse hat und die Umwelt um mich herum mich so manipuliert hat, dass ich in deren Sinn funktioniert habe. Ich bin zur Arbeit, habe mich nach jedem Umsatz gestreckt um allen alles recht zu machen. Aufgearbeitet.

Das Ergebnis war, dass ich zwar meinen Wunschberuf ergriffen habe, aber in den Rahmenbedingungen mehr als unglücklich war. Das alles war kein Problem, solange ich die Familie ernährt habe, alle ihr bequemes Leben hatten und sich auf mich verlassen konnten. Als ich die Firma geschlossen habe und sich die Familie neue Jobs suchen muste (ich habe jedem MINDESTENS einen gut bezahlten Job anbieten können!) brach die Hölle los. Der einzige Halt im Leben war die Marlies. Und die wollte ich nicht verlieren. Auch deshalb, sagt die Frau Therapie, habe ich die ganze Misere für mich behalten und Marlies von den Sorgen fern gehalten.  Klassisches männliches Fehlverhalten. Wäre ich mal eher zu ihr gekommen.

Das Korsett wurde dann 2008 durchbrochen. Wie ich mich gefühlt habe, will sie wissen. Das weiß ich noch zu gut. 30. April 2008 war der letzte offizielle Tag. Am 01. Mai fühlte ich erst eine große Leere. Eine Woche später, am 07.05. - für mich ist dies immer ein besonderer Tag gewesen - ging ich aus der Firma, früh, als ich die Post abgeholt hatte. Und erstmals konnte ich die Vögel hören, die Luft riechen. Und ich habe erstmals wahrgenommen, dass mein kleiner Schutzwall aus Betonsteinen gegenüber wunderschön geblüht hat. Abends habe ich für Marlies ein kleines Festmahl gekocht, konnte wieder richtig schmecken. Auch das war mir abhanden gekommen. Ich war seit langer Zeit einfach mal wieder glücklich. Ich glaube, auch Marlies hat das da gespürt. Für mich wäre es heute ein Warnsignal, dass ich unglücklich bin oder im Begriff bin zu werden, wenn ich nicht mehr die Nuancen schmecken könnte. Dann bin ich aus der Mitte, etwas bahnt sich an. Und man muss das noch nicht einmal merken, es kommt schleichend. Auch, wenn man glaubt, glücklich oder sogar sehr glücklich zu sein. Den eigenen Körper und die Seele betrügt man nicht. Und je länger es dauert, bis man es erkennt, umso schlimmer werden die Auswirkungen. Siehe die Krankheiten vom Marlies bei ihrem Auszug (es tut mir WIRKLICH LEID!!!) und von mir. Die Gesprächsführerin fragt mich, ob Marlies mir dies vergeben habe? Ob sie weiß, dass ich große Schuldgefühle habe und dass ich auch mit ihr reden sollte? Ich kann es nicht beantworten. Ich hoffe, dass sie wirklich verstanden hat, wie und warum ich so reagiert habe. Dass ich auch ein Opfer meiner Erziehung wurde, dass ich sie mehr geliebt habe als alles Andere auf dieser Welt, aber sie trotzdem nicht glücklich machen konnte. Dass ich zerrissen war zwischen meiner Familie und ihr. Und dass dies am Ende zu meinen Krankheiten geführt hat. Und ein Gespräch wird es wohl nicht mehr geben. Auch keine Nachricht.

Ob sie weiß wie ich zu erreichen bin? Natürlich, ich wohne noch am gleichen Platz, ich behalte die eMail-Adresse und ich werde auch die Handynummer nicht ändern. Ich erzähle ihr, dass ich Marlies Handynummer in der letzten Woche - nachdem die eMail von ihrem neuen Freund kam - von meiner Mutter besorgt habe und ihr einen Glückwunsch geschickt habe. Der war nicht ironisch gemeint oder böse, ich will noch immer, dass sie glücklich wird. Auch da habe ich ihr in der SMS angeboten, jederzeit für sie da zu sein. Ob heute oder in zehn Jahren, egal.

Die Thera meint auch, dass das richtig ist, was ich empfinde, mit dem Geschmack. Ich solle wachsam bleiben, mich nicht mehr unterdrücken lassen. Und, was ich im Moment schmecke? Nur die fünf Grundarten. Süß, sauer, salzig, scharf und umami. Kochen für Gäste? Da brauche ich seit Montag letzter Woche nicht mehr daran denken. Da kann ich gleich Tüten öffnen, das käme auf das Selbe heraus.

Ob ich den neuen Freund von Marlies kenne? Ja, wir haben uns drei Mal gesehen. Zwei Mal waren wir zum Kaffee dort eingeladen, einmal war ich mit ihm alleine zum Essen. Oh, nur mit ihm? Ja, mit ihm, zu einer Zeit, als er wohl schon den festen Plan hatte, mit Marlies eine Affäre (jetzt ja offiziell) zu beginnen. Und ich habe ihm ALLES erzählt. Dass es mir wieder besser geht, die Jobs, die ich in Aussicht habe und die Umstände, die für mich alles gut werden lassen werden. Ich dachte, er würde für mich sprechen. Naja.  M wüsste, was ich meine, es hat mit meiner Krankheit zu tun. Einen Tag später, seine Frau war zu dieser Zeit zu einer Kur, hat er den Abend mit Marlies verbracht und kam wohl erst in den Morgenstunden wieder heim. Tja, die Welt ist ein Dorf.

Ob er mir ähnlich sieht? Ob Marlies den Typ "Holger alt" als "Freund neu" zum Lebensgefährten genommen hat? Kann ich nicht sagen. Da müsste sie Marlies fragen. Vielleicht bestehen irgendwo Parallelen, ich weiß es nicht. Therafrau sagt, das wäre dann ein typisches Verhalten, man/frau, sucht wieder das, womit man glücklich war, was man eigentlich wieder sucht. Aha, naja, wenn die Thera daran glaubt, dann ist das für sie ja nett. Ich denke nicht, dass Marlies einen Freund nimmt, der mir ähnlich ist. Zumal sie ja das "Original" haben könnte. Grinsen bei Frau Thera.

Wie stelle ich mir nun meine Zukunft vor? Noch kann ich nicht ganz loslassen, ein letztes kleines Band hält mich noch in der Wohnung. Warum auch sollte ich ausziehen? Momentan gibt es keine Gründe mehr dafür. Die Fronten zwischen mir und meiner Mutter sind erstmals seit 41 Jahren geklärt. Marlies ist endgültig weg und ich werde mein Leben hier verbringen, aber nicht zulassen, wieder so eingeschränkt zu werden. Vielleicht zieht irgendwann einmal wirklich eine neue Frau ein, vielleicht will die auch woanders wohnen. Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, überhaupt nur etwas für eine andere Frau zu empfinden.  Ich werde mich nicht mehr einspannen lassen, werde mir ihr Gejammer (das meiner Mutter) über Dinge, die sie vielleicht irgendwann eventuell mal betreffen können nicht mehr anhören. Soll sie sich vor den Spiegel setzen, es interessiert mich nicht mehr. Klar, wenn sie mal ernsthaft krank werden sollte, dann ist das was Anderes. Aber, nur weil das Knie zwickt gleich einen auf Weltuntergangsstimmung zu machen und die Apokalypse einzuläuten, das mache ich nicht mehr mit. Ich habe sie gefragt, ob sie mich jemals nach meinem Treppensturz hat jammern hören. Oder habe ich sie mit den damals offenen Beinen belästigt? Oder mit der Aszites? Nicht ein Wort der Klage hat sie von mir gehört. Ich hoffe, auch Marlies mit den manchmal extremen Schmerzen nicht über die Maßen vollgejammert zu haben. Wissen kann ich es nicht. Am Ende habe ich mich zu sehr geschämt für meinen Zustand, als dass ich Marlies nicht mal mehr darauf angesprochen hätte.

Die Frau mir gegenüber meint, ich hätte dies offen ansprechen sollen. Meine Frage zurück ist, ob sie weiß, wie sehr Nekrosen einen Menschen einschüchtern können? Sie sagt, dass sie es nur erahnen kann. Ich erzähle ihr, wie tapfer Marlies meine Wunden versorgt hat, ohne jemals zu klagen. Ich denke, dass ich weiß, wie sehr sie sich Sorgen um mich gemacht haben muss. Tapferes Grünauge. Und dass die Heilung erst schnell voranschritt, als ich mir den Termin für den Hochzeitsantrag fest vorgenommen habe. Alleine die Planungen dazu waren wie Balsam, ich hatte endlich wieder ein Ziel, noch dazu das, welches ich Jahr um Jahr um Jahr aufgeschoben hatte. Nur, um ganz sicher zu sein, dass es auch wirklich klappt. Die Wunden haben damals begonnen, sich zu schließen.

Ich sage ihr auch, dass mir die Marlies an einem Abend mal gesagt hat: "Ich will ein Kind von dir!" Heute würde ich keine Sekunde mehr zögern, damals hatte ich Angst, sie müsste sich einschränken, könnte in der Schwangerschaft krank werden oder hätte eine schwere Geburt. Am liebsten hätte ich gesagt: Ja, Ja, Ja! Und was habe ich gesagt, ich Depp? Jetzt noch nicht, später vielleicht. Ich sehe noch immer den Ausdruck in ihren Augen, aber ich konnte einfach nicht anders. So blöd es klingt, dieser Ausdruck der Resignation und erlittener Zurückweisung hat mich nächtelang im Schlaf verfolgt. Die Therapeutin fragt nach, ob Marlies mich nach dem Grund gefragt hat. Nein, leider nicht. Ich hätte ihr natürlich erklärt, dass ich Angst um sie gehabt habe, dass ich Angst habe, irgendwann die Familie nicht ernähren zu können.

Ob ich denn bereit wäre, irgendwann einmal mit einer anderen Frau eine Familie zu gründen? Nein, ich kann mir das nicht vorstellen. Ab und zu haben wir in geselliger Runde darüber geredet, was wäre wenn. Also dann, wenn Marlies mich mal verlassen würde. Ich habe immer geantwortet, dass ich mir dann eine Neue holen würde. Ich glaube aber, und das habe ich auch in vielen Gesprächen nachdem mich Marlies verlassen hat, gehört, das hat mir nie jemand geglaubt. Ich natürlich auch nicht. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher, ob Marlies auch mitbekommen hat, dass dies nie ernst gemeint war.

Für mich war immer klar, dass wir irgendwann heiraten, ein oder zwei Kinder bekommen. Im Alter dann im Park sitzen und Hand in Hand langsam aber glücklich die Wege wandeln. Vielleicht auch Enkel erleben. Marlies hat mir nach der Trennung mal gesagt, dass es sie zum weinen bringt, wenn sie Paare in der Straße hat laufen sehen. Mir ging es genauso, nach der Trennung konnte ich auch keine Filme sehen, in denen es um Liebe, Glück und Herzschmerz ging. Ist noch immer so. Warum ich der M nicht gesagt habe, dass ich genauso empfinde? Zu dieser Zeit war ich einfach noch nicht soweit.

Wie ich es empfinde, dass Marlies nun recht schnell einen neuen Freund hat, dieser bei ihr wohnt und es ihr Chef ist.

Tja, Marlies hat mir in einem der letzten Gespräche im Mai gesagt, dass es noch sehr lange dauern wird, bis sie sich wieder einen neuen Freund sucht. Und dass die erst einmal zur Ruhe kommen möchte. Darum haben wir auch ab dem 01.06. eine Ruhe vereinbart, damit ich sie nicht beeinflusse. Und ich erzähle ihr auch davon, dass Marlies mir geschrieben hatte - lange nach dem es aus war - dass noch ein kleiner Funken in ihr für mich glüht. Dass sie mir Hoffnungen gemacht hat, dass es doch wieder was werden könnte, dass ich den selbst verfassten Trauspruch aufheben solle. Und dass ich in den Gesprächen, in denen sie um Rat gefragt hat, was sie machen soll, ob sie zurück kommen soll, ich sie immer versucht habe zu unterstützen, egal, wie sie sich entscheidet. Die Therafrau sagt, ich hätte vielleicht deutlich zeigen sollen, dass ich sie unbedingt zurück haben wollte. Ich wollte sie nicht beeinflussen, das haben andere Menschen dann für mich übernommen. Aber, ich war ratlos, was ich machen sollte. Vielleicht hätte ich sie zurück bekommen, hätte ich sie davon überzeugen können, dass ich sie wirklich liebe. Und so war ich mal wieder ein Elefantenesel, der dachte, sie wird wissen, was gut für sie ist.

Dass Marlies dann irgendwann mal einen neuen Freund haben wird, das habe ich natürlich irgendwo gewusst. Dass es aber so schnell gehen würde, dass ich ihr so wenig bedeutet haben muss, dass nur ein paar Wochen, nachdem sie mir geschrieben hat, dass es vielleicht noch Hoffnungen für mich gibt, einen neuen Freund hat, das hat mich sehr verletzt. War so wenig Liebe von ihrer Seite aus im Spiel? Und ausgerechnet der Mann, von dem sie mir immer gesagt hat, er wäre ein guter Freund. Der Mann, der sie aufgebaut hat, als es ihr schlecht ging, nachdem sie mich verlassen hat. Wohl nicht ganz uneigennützig wie ich nun weiß, nachdem er mir in der eMail geschrieben hat, dass er schon lange Zeit in Marlies verliebt ist.

Aha, sagt sie. Verliebt schreibt er? Ja, verliebt. Ob ich den Unterschied zwischen "Liebe" und "verliebt sein" kenne? Klar, kenne ich. Verliebt setze ich mit einer Schwärmerei gleich, mit einer Affäre, mit einem Abenteuer. Etwas Lockers eben. Liebe ist tiefer empfunden. So in etwa sieht sie das auch. Ich sage aber auch, dass das doch nichts bedeuten muss, vielleicht hat er sich nur falsch ausgedrückt. Sie lächelt einfach nur und schüttelt den Kopf und ich weiß nicht, was das bedeutet. Was interessiert mich sein Seelenleben und die Tiefe seiner Empfindungen.

Sie fragt mich auch, ob ich den Spruch "Gelegenheit mach Liebe" kenne. Klar, halte ich für Blödsinn, ebenso wie Bauernweisheiten. Was solls. Ne, das passt schon, meint Thera. Zwar würde sie es einschränken, dass Gelegenheit keine Liebe macht, aber verliebt sein erzeugt. Viele Menschen denken, sie lieben, schwärmen aber nur. Und er (der neue Freund) war einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Sie hat eine Schulter gesucht um sich aussprechen zu können, um ihre Qualen los zu werden. Und er war da. Von da ist es nur ein kleiner Schritt, dass die Frau sich in dieser Situation geborgen fühlt. Das sie etwas zulässt, was sonst für sie unmöglich wäre. Und sie meint auch, dass es eine Flucht von Marlies vor sich selbst ist. Dass sie noch lange nicht damit abgeschlossen hat (unsere beendete Beziehung) und nun erst einmal verdrängt. Dass sie im Moment das Neue lockt, das Unbekannte. Und, nachdem sie weiß, dass er seine Ehe für Marlies beendet und wie die Umstände der Ehe waren, meint Frau Thera, dass da auch der Reiz des Verbotenen mitgespielt hat. Marlies hat sich begehrt gefühlt von ihm, war frei und hat Neues gesucht. Quasi ein Ausbruch aus dem Leben, welches sie mit mir hatte. Sie erklärt es mir so, dass sie (Marlies) bei mir sicher sein konnte, dass es ihr gut geht, dass alles geregelt war und das ich für sie da war. Irgendwann wird auch in der neuen Beziehung der Alltag einziehen. Und, das sagt sie mit einem tiefen Ton der Überzeugung, das wir doch sowas wie eine Ehe geführt haben.

Sie hat oft in ihrer Praxis Menschen, die ausbrechen aus der Situation, das Aufregende genießen und das Gegenteil von dem suchen, was sie bisher hatten. Abenteuer, Erlebnis, Kurzweil, Ehe, Kinder bekommen. Und dass oft der Trott schneller kommt, als den meisten lieb ist. Und dann wird auf ein Leben zurück geschaut, welches in Trümmern liegt. Meinen Einwand, dass Marlies sehr aufgeräumt und zielstrebig ist, sehr genau überlegt, was sie tut und was sie lässt, lässt sie nicht gelten. Sie wäre in einern Ausnahmesitutation, war nach 15 Jahren Beziehung alleine und orientierungslos. Leicht formbar und auch manipulierbar. So lehnt sie sich an den neuen Freund an und hofft, dass es klappt. Auch wenn die Thera das nicht gerne hört, ich sage ihr, dass ich eigentlich nur wünsche, dass Marlies glücklich wird. Abwarten sagt sie, in ein paar Monaten oder wenigen Jahren zeigt sich, ob sie richtig entschieden hat.

Naja, mag ja sein, aber für mich kommt das zu spät, ich habe meine Chance vertan.

Kommentare

  1. Ich weiß, wie das ist, wenn man nix runterkriegt, glaub mir. Dann muss man sich eben zwingen. Cola und so'n kalorienhaltiges Zeugs trinken und sich ne halbe Tafel Schoki reintun. Menno. Das geht doch nicht!

    Tolle Erkenntnis, die Schuld auch mal bei anderen zu suchen und zu finden. Wenn man immer nur sich selbst im Visier hat wird man immer kleiner und kleiner, nicht gut fürs Selbstwertgefühl. Das Schlimme ist, dass die meisten Menschen ihre Fehler nicht einsehen wollen oder können (Deine Mutter, M. auch), selbst, wenn man sie mit der Nase draufstößt. Ich will mich da nicht ausnehmen, ist mir auch schon oft so gegangen, aber ich arbeite dran.

    Hhhmmm... das Gleiche suchen, wie das, was man verloren hat? Ich hab das Gegenteil. Der Ex war groß und dünn, Schatzi is... *gg*.

    Das mit der Firmenaufgabe muss eine harte Zeit gewesen sein, kann ich gut nachempfinden. Aber wohl das einzig richtige, was das Wiederkehren der Lebensgeister belegt. Jaja, die berühmte Reißleine, manchmal zieht man sie im allerletzten Moment.

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  2. brisy, ich weiß, dass Du weißt,wie das mit dem runterkriegen ist. Es geht halt einfach nicht. Wird schon wieder kommen. Schoki? Gerne, aber ich hab` da mal drüber geschrieben, bei manchen Industriesorten kratze ich mich tot.

    Die Sache mit der "Schuld". Marlies hat im Abschiedsbrief schon geschrieben, dass wir beide eine Schuld daran haben. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass die Schuld auf meiner Seite größer ist. Was aber auch egal ist, denn, das Ergebnis ist grausam, egal, wer was gemacht hat.

    Die Therafrau sagt, dass Mann/Frau oft ein Abbild des Partners zum Mann/zur Frau nimmt, wenn man eigenlich nicht abgeschlossen hat und den Ex-Partner nur verdrängt. Sie sagt, da sind Gefühle im Hintergrund, die nicht nach oben gelassen werden. ICH sage: Marlies hat sich einen neuen Freund genommen und liebt diesen aufrichtig, nicht weil wir uns irgendwie ähnlich sein könnten. Beantworten kann das nur Marlies für sich. Ich werde es nie erfahren. Ist auch egal,denn, siehe oben: sie ist weg und hat einen neuen Freund. Was soll ich tun? Eben. Sie weiß, was ich für sie empfinde und will es nicht haben. Punkt.

    Oh, Du hast das Gegenteil als neuen Mann? Dann müsste ich mir also eine dunkelhaarige, kretzige und riesengroße, fette Tusse suchen, die dumm und einfältig ist. Riesengroße Hängeitten, schwabbelige Figur und Probleme mit der Artikulation müsste sie dann auch haben. So richtig eine zum schämen ;-) Hab´ ich, glaube ich, vor Jahren mal im Vorbeifahren auf dem Straßenstrich in Tschechien gesehen.

    Die Firma zu schließen war ab dem Zeitpunkt leicht, als ich so entschieden habe. Bis dahin war es die Hölle. Was sollte mir auch passieren? Damals sah alles nach "es wird gut werden" aus. Und ich hatte Marlies an meiner Seite. Dass die nächsten drei Jahre sich so entwickeln würden wie sie wurden - das konnte keiner ahnen.

    Marlies hat die Reißleine im letzten Moment gezogen. Drei Tage später hätte ich sie "dingfest" gemacht. Vielleicht hatte sie da einen siebten Sinn ;-)

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