Direkt zum Hauptbereich

Was die Deutsche Bahn und Sarah Wiener im Speisewagen wirklich auftischen - foodwatch fordert Veröffentlichung von Zutaten in der Gastronomie









"TV-Köche tischen auf!" - Mit dieser Aktion wirbt die Deutsche Bahn derzeit für ihre Bordrestaurants. Doch die vermeintliche Spitzengastronomie im Speisewagen entpuppt sich als ausgebuffte Mogelpackung. Mit dem guten Namen bekannter Fernsehköche wird den Gästen eine Qualität suggeriert, die die Gerichte nicht im Ansatz halten können.

Im Mai steht die "überzeugte Botschafterin gesunder Ernährung" (Bahn-Werbung) Sarah Wiener Patin für Gerichte wie ein "Frühlingssüppchen" oder "Sesam-Zitronen-Hühnchen auf Spargelragout mit Butterkartoffeln". Auch das Rezept für die "Mit Kerbel-Pesto gefüllte Schweinefleischroulade mit Honig-Petersilien-Karotten und Knöpfle" wird der Fernsehköchin zugeschrieben. In der Speisekarte sind bei diesen Gerichten keine Zusatzstoffe oder Aromen deklariert - verwendet werden sie dennoch. foodwatch liegen eingeschweißte Originalverpackungen des Rouladen-Gerichtes samt Zutatenliste vor, wie sie vom Convenience-Hersteller Sander Gourmet an die Bahn geliefert werden. Demnach enthält das Gericht neben gehärtetem Palmfett den Geschmacksverstärker Hefeextrakt, das Verdickungsmittel Xanthan, E 330 (Citronensäure) sowie nicht näher definierte Aromen. Ein Fertigprodukt, das viel mehr mit Spitzentechnologie als mit Spitzenküche zu tun hat - und nichts mit dem erklärten Berufsethos von Sarah Wiener. "Industriell stark verarbeitete Lebensmittel, Fettes und Süßes im Übermaß sowie Nahrung voll chemischer Zusatzstoffe - diese ebenso achtlosen wie ungesunden Essgewohnheiten gilt es zu stoppen", lässt sich die Köchin auf der Internetseite ihrer eigenen Stiftung zitieren.

Möglich sind solche legalen Mogeleien durch lasche Kennzeichnungsvorgaben für die Gastronomie: Eine Zutatenliste ist nicht vorgeschrieben, und nach § 9 der Zusatzstoffzulassungsverordnung müssen nicht alle Zusatzstoffe angegeben werden. Der Gast kann nicht erkennen, ob in der Küche frisch gekocht oder ein fertiges Convenience-Produkte nur noch aufgewärmt wird.

Die Lebensmittelindustrie bietet Großkunden sogar speziell auf Kennzeichnungsvorgaben abgestimmte Produkte an. Mit dem "OK-Logo" weist etwa Nestlé Professional eigens auf Fertiggerichte hin, die zwar Zusatzstoffe enthalten können - aber eben nur solche, die nicht gekennzeichnet werden müssen. Konkurrent Unilever wirbt mit dem Hinweis "o.d.Z." - "ohne deklarationspflichtige Zusatzstoffe".

foodwatch fordert, die Kennzeichnungsvorschriften für Lebensmittel in der Gastronomie an die Vorgaben für verpackte Lebensmittel anzupassen. Konkret heißt das:
. Werden in der Gastronomie Convenience-Produkte verwendet, muss die komplette Zutatenliste in der Speisekarte wiedergegeben werden. Gerade in der Systemgastronomie wie bei der Deutschen Bahn ist dies problemlos möglich.
. In Gaststätten und Kantinen muss - so wie heute bereits in Bäckereien - eine vollständige Zutatenliste aller Gerichte inklusive aller verwendeten Zusatzstoffe gut sichtbar aushängen oder auf Nachfrage für den Gast einsehbar sein.

"Die Bundesregierung muss die absurde Situation beenden, dass Verbrauchern in der Gastronomie Fertigprodukte ohne Zutatenliste aufgetischt werden, während bei denselben Produkten im Supermarkt diese Angaben selbstverständlich vorgeschrieben sind", erklärte der stellvertretende foodwatch-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt.

Besonders dreist bei der TV-Köche-Aktion der Deutschen Bahn: Im Internet veröffentlicht das Unternehmen das Rezept für Sarah Wieners Schweine-Rouladen-Gericht "zum Nachkochen". Diese Rezeptur stimmt jedoch mit dem tatsächlich im Speisewagen servierten Gericht nicht überein - im Rezept zum Download finden sich nämlich keine Zusatzstoffe.



Pressemeldung von www.foodwatch.de

Bilder: www.foodwatch.de

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ragout Fin - der Convenience-Test

Mitte der 70er Jahre im 20. Jahrhundert war es ein Edel-Essen auf jeder besseren Party; Ragout Fin . Ich kann mich noch daran erinnern, wie meine Mutter diese -damals noch recht teuren- Blätterteigförmchen gekauft hat. Und drei Tage vorher wurde uns das Maul schon wässrig gemacht. Zumindest haben mich diese Teilchen auf Anhieb überzeugt. Eigentlich mehr der Inhalt, den ich auch Heute noch gerne esse. Zeit, einen Test zu veranstalten, nachdem in der letzten Zeit immer mehr dieser Convenience-Produkte auf den Markt kommen. Im Test befinden sich Aufwärm-Produkte von verschiedenen Discountern, teils auch Aktionsware wie das Produkt der Marke Sodergarden, hergestellt von Tulip . Zwar sind diese nicht immer zu bekommen, einen Geschmackstest kann man ja trotzdem machen. Natürlich völlig uneigennützig... Erwärmt werden die Produkte jeweils auf 60° Celsius, um eine Basis für die Vergleiche zu haben. Gemessen werden die Temperaturen mit einem Digitalthermometer, um eine Überhitzung und somit

Glaubenskrieg an der Bratwurstbude

Semmel, unbeschnitten Evangelisch oder katholisch? Für Coburger ist das wichtig. Ihr wollt uns Coburgern unsere Wurst verändern? Niemals! Nehmt unsere Veste, schändet alle unsere Jungfern . Egal, um Mitternacht machen wir den Deal - aber lasst unsere Wurst in Ruhe. Coburger Saftschinken? Gibt es nicht mehr. Bier aus Coburger Brauereien ? Verkauf an einen Konzern in Kulmbach. Aber was sich nun abspielt, das erschüttert die Coburger. Zur Erklärung: Semmeln (halbe Doppelbrötchen) werden in Franken entweder "evangelisch" oder "katholisch" aufgeschnitten. Was bedeutet: "evangelisch" ist ein Längsschnitt auf der Oberseite, "katholisch" ein Schnitt an der Längsseite. Und eine Bratwurst wird in Coburg IMMER unversehrt an den Kunden gegeben. Da wird nichts abgeschnitten, gedrückt oder gar zerlegt wie eine Currywurst. korrekte, einzig mögliche und denkbare Schnittlinie senkrecht nicht denkbare waagerechte Schnittlinie, für alle andere

90 Minuten Ruhe und Entspannung

Bild: Eingangsbereich zum Bad in Bad Staffelstein Piscina. Ich war überrascht, dass ich zu meinem Geburtstag einen Gutschein für einen Aufenthalt im Piscin a bekommen habe. Mir war der Begriff bis dato nur als kirchlicher bekannt, bezeichnend für das Handwaschbecken in Kirchen. Einfach zu Reinigung. Bild: Die Piscina Und die Assoziation war nicht einmal so falsch. In oben genannten Gutschein-Fall ist Piscina etwas erweitert zu sehen, und zwar als Becken, in welches man Wasser füllt - und eben wieder ablässt. Dieses Piscina befindet sich in dem der Klinik Bad Staffelstein angeschlossenen Bad. Unseres, wir hatten das mit der Nummer eins, wird durch eine Art Schleuse betreten, die gleichzeitig auch als Umkleideraum fungiert. Da diese nur durch einen einfachen Fallriegen zu verschließen ist, empfehlen wir, Wertsachen im Auto zu belassen. Die Piscina selbst ist komplett gefliest, helle, freundliche Farben, zwei Schalen mit Kerzen sorgen für eine gewisse Grundstimmung, eine eigene Dusche sow