Kategorie: Landgasthof
Ummerstadt im Landkreis Hildburghausen ist der nächste Ort nach der ehemaligen Zonengrenze hinter dem Weitramsdorfer Ortsteil Gersbach. Ummerstadt ist ein Fachwerkdorf, welches langsam aber sicher aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Und wohl einer der wenigen Orte in Deutschland, bei dem wir 100 % der Gastronomie im Ort empfehlen können.
Foto: Fachwerkhaus in Ummerstadt
Das Restaurant „Am Viehmarkt“ in Ummerstadt ist seit Oktober 2008 in Besitz der Familie Stonus. Beide kommen vom Fach, wissen also was sie tun. Umso erstaunlicher, dass dieses Lokal noch nicht überlaufen ist. Gerade der Coburger Gast scheut in der Regel nicht den weitesten Weg, wenn es sich lohnt. Vielleicht liegt es ja auch an der verhaltenen Werbung auf der bayerischen Seite, was uns an diesem Abend zugute kam – wir hatten freie Platzwahl.
Foto: Blick auf die Nachbartische
In einem lauschigen Eckchen war ein Tisch für zwei Personen frei, geradezu prädestiniert, um das ruhige Treiben zu beobachten, ein paar Bilderchen zu machen und – das Wichtigste! – dem Genuss zu fröhnen.
Foto: Tisch für Zwei
Die Anfahrt ist momentan etwas schwierig, wird doch vor dem Lokal neu gepflastert und neue Leitungen verlegt. Derbes Schuhwerk ist also im Moment gut angeraten, der Gast wird aber schon beim Eintreten in die gute Stube herzlich empfangen. Helles Holz, freundlich gefärbte Fliesen, Schweigen am Stammtisch. Genauso wurden wir auch vor gewisser Zeit vom Stammtisch im anderen Lokal vor Ort empfangen. Kurze Rücksprache mit der Dame vom Service, die zuerst etwas verhalten reagiert hat, uns aber mitteilte, dass wir freie Platzwahl hatten. Alle Tische sind mit Webware eingedeckt, darüber Stoffläufer, Platzgedecke und ordentliche Stoffservietten. Im Winter bei Schneefall hier an einem Fensterplatz zu sitzen könnte sich als Glücksfall erweisen. Wir werden sehen….
Auf dem Tisch findet sich neben den Gedecken auch eine kleine Karte mit Brotzeiten, die preislich wie auch vom Angebotenen her zur Einkehr nach einer Wanderung oder einem Besuch im benachbarten Kurbad einlädt.
Foto: Brotzeitenflyer am Tisch
Auffallend: viele Produkte wie das Brot sind selbst hergestellt. Genau nach meinem Gusto, ein Dank an den Koch, der sich die Arbeit macht. Und bei der man die Liebe zum Beruf schmeckt!
Wir haben aus der regulären Karte gewählt, als Vorspeise eine Leberknödelsuppe mit hausgebackenem Sauerteigbrot und Backerbsen. Jetzt beim Schreiben fällt mir auf: wo war mein Brot? Die Hauptgänge stellten ein Wiener Schnitzel vom Kalb mit Pommes Frites und kleinem Kräutersalat sowie rosa gebratene Lende mit Pfifferlingsauce und Brotknödel dar. Als Getränke wählten wir jeweils 0,4 Liter Spezi (€ 2,50) und Mineralwasser (€ 2,30). „Mineralwasser“ kam in einem Glas an den Tisch, somit dürfte es sich nach dem Gesetz um Tafelwasser handeln. Hier sollte unbedingt nachgebessert werden, um der Mineralwasserverordnung zu entsprechen. Das ist aber nur eine formale Kleinigkeit, die den Genuss nicht trübt.
Vor dem bestellten Essen erhielten wir die Amuse bouche serviert, diese bestand aus etwas Butter, frischen(!) Sauerteigbrot, Tomatencreme. Die Creme ist für mich momentan nicht genau in die Bestandteile zu zerlegen, allein die Konsistenz am Gaumen ist neu. Luftig, fluffig, weich, cremig, glatt. Scheinbar mit einem ISI-Gerät aufgeschäumt hat diese eine Leichtigkeit und doch so gute säurehaltige Prägung, dass sie als Hauptgang mit mehr Butter und Brot durchaus geeignet wäre. Besonders an einem Sommertag mit Hitze eine lohnende Alternative zu Fleischgerichten. Ich bin davon so überzeugt, dass in den nächsten Tagen wohl ein paar Pfund Tomaten ihre kugelige Gestalt verlieren, bis ich annähernd durch Reproduktionsversuche an den Geschmack heran komme. Die Einstimmung war gelungen, wir waren gespannt, was uns noch erwartet.
Foto: Amuse bouche
Die Leberknödelsuppe für € 3,70 wurde in einer großen aber stilvollen Terrine (ca. 0,5 Liter Flüssigkeit!) serviert. Der erste optische und olfaktorische Eindruck: riesig, frisch, aber die Brühe zu scharf. Dekoriert mit viel frischer Petersilie, ein paar Backerbsen, aber ohne dem avisierten Brot (was ich bis zum Schreiben diesen Bewertung nicht vermisst habe) war dieser Knödel ein Genuss wie sonst nur bei einem Lokal in Ebensfeld. Die sehr dunkle Brühe hatte einen deutlichen Geschmack nach Rind, schien selbst angesetzt und war weder zu salzig noch zu lasch im Geschmack. Punktlandung. Was auch für den Knödel ansich gilt. Sehr locker, geschmacklich hervorragend wie die bei FrauThai probierten (das Rezept habe ich!), sehr sehr heiß und als Auftakt zu einem Menü sehr zu empfehlen. Danke Deutschland, dass du die Leberknödelkunst wieder entdeckst. Hier haben wir einen aus der Spitzenklasse probiert.
Foto: Leberknödelsuppe
Eigentlich war die Menge des Küchengrußes und der Leberknödelsuppe geeignet, mich zufrieden und satt zu machen. Dummerweise habe ich aber noch ein Wiener Schnitzel vom Kalb mit Pommes Frites und kleinem Kräutersalat bestellt. € 9,20 ließen mich hoffen, eine kleine Portion zu bekommen, die meinen Gelüsten nach einem Nachtisch noch Raum ließen. Aus der Traum, als die Portion vor mir stand. Zwei knusprige Stücke paniertes Kalbfleisch, gut gewürzt, sehr weich und saftig gebraten. Und, obenauf: Kapern, Sardellenfilet und von der Schale befreite Zitrone! Halleluja, danke für ein echtes Stück Kultur in von mir präferierter Machart. Die Pommes: Spitzenklasse. Selbst gemacht, dezent frittiert, innen weich, außen knusprig, wohl dosiert gesalzen. Ich glaube, auch ein Wiener wäre mit diesem Fleisch zufrieden. Pluspunkt: kein Tröpfchen Fett hat nach dem Mahl auf dem Teller gelegen, sehr gut bekömmlich. Der kleine Kräutersalat entpuppte sich als ein grüner Blattsalat (Lollo bionda, Eisbergsalat), mit einem Dressing aus feinen Kräutern und Öl, emulgiert in einem Zauberstab. Sehr intensiv in der Würzung, hier kann vielleicht noch ein klein wenig an der Harmonie der Kräuter untereinander gearbeitet werden. Das Dressing war nicht einfach über den Salat gekippt, es hatte den Anschein, dass dieses einmassiert wurde und der Salat richtiggehend mariniert war. Schade, dass ich nicht die ganze Portion bezwingen konnte, ein paar wenige Pommes Frites gingen in Küche zurück.
Foto: kleiner Kräutersalat
Foto: Wiener Schnitzel mit Pommes Frites und der ursprünglichen Garnitur
FrauDSL, ausgewiesene und bekennende Carnivore, wollte Lende. Angeboten mit Brotknödeln (Semmelknödel), Pfifferlingsauce, preislich mit € 12,60 gut in Ordnung. Auch hier wieder: riesige Portion, kein Nachtisch mehr möglich. Außen rösch gebraten, innen zart rosa. Brotknödel, die noch Sauce aufsaugen konnten, kein, die in der Konsistenz eher gefüllten Tennisbällen ähneln. Sehr locker, mit hervorragenden, die Sauce unterstützendem Eigengeschmack. Überhaupt die Sauce. Mit wenig Speck aromatisiert, dafür ohne Zwiebeln, die oft störend wirken, mit frischen Pfifferlingen. Harmonisch gewürzte Sauce, sehr cremig und ohne Schickimicki einfach so lange zubereitet, bis sie so lecker war wie wir sie genießen durften. Empfehlung von uns? Ja, zu 100 %! Und zum ersten Mal seit sehr langer Zeit hat FrauDSL sogar freiwillig etwas von ihrer Portion angeboten. Leider war auch bei mir kein Platz mehr.
Foto: rosa gebratene Lende, Pfifferlingsauce, Brotknödel
Kurze Zusammenfassung vom Essen: Das es so was noch gibt. Noch ist es zwar zu früh, aber ich gehe davon aus, dass ich nach dem nächsten Besuch nun ein drittes Lokal in meine „Lieblingsrestaurant“-Liste aufnehmen kann.
Kurz ein paar Worte zum Drumherum. Die Toiletten haben wir besucht, diese waren sehr sauber, gepflegt, machten fast einen unbenutzten Eindruck. Ein Lob dafür, das sieht man selten. Und auf dem Weg zum Klo kann man auch einen Blick in den Biergarten werfen, für den es heute Abend allerdings zu kalt war. Sehr gemütlich, stilvoll (keine Plastikmöbel), geschützt vor Wind und Zugluft. Sehr verlockend, wird demnächst ausprobiert. Der Zugang zum Lokal selbst ist für Rollstuhlfahrer von der Vorderseite aus sehr schlecht möglich. Ein Zugang müsste jedoch durch den Biergarten möglich sein.
Einen Link gibt es natürlich auch direkt zum Lokal: www.am-viehmarkt.de
Hier noch ein Link zu weiteren Bewertungen mit Punktevergabe auf www.restaurant-kritik.de
Ich freue mich darüber, gerade heute am 1. Oktober 2009 einen Kommentar zum Landgasthof "Am Viehmarkt" in Ummerstadt hier niederschreiben zu dürfen.
AntwortenLöschenZwischenzeitlich hat sich der augenzwinkernde Verweis auf die Trinkwasserverordnung erübrigt. Die beiden netten jungen Leute, Mandy und Oliver Stonus, führen mit viel erlebbarer Freude und in ausgezeichneter Qualität ihr Restaurant. Die in ihrem Landgasthaus vorzügliche Übernachtung sollte nicht nur für Wochenendbesucher des nahegelegenen Kurhauses in Bad Colberg ein Tipp sein. Für mich ist es ein solcher gewesen und ich kehre nächste Woche sehr gerne wieder bei den Beiden ein.
Ansonsten schließe ich mich dem Zeitungsartikel von vor einem Jahr unwidersprochen an: "Ein Tipp für Genieser"!
Hallo Anonym, würden Sie bitte nochmals den Link zum Bericht zusenden? Leider wird der nicht als Direktlink angezeigt, ich würde diesen aber gerne hier mit einsetzen.
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